Eintrag 17 - Sokolov
- Dimitrovgrad, 16. Juni 2039
Für eine Bar war dieser Ort ziemlich sauber, dachte Seagrove, als er den Raum mit Blackwood betrat. An den holzvertäfelten Wänden hingen alte vergilbte Fotos von Männern in Uniformen, die das Zeitliche längst gesegnet hatte. Auch Blackwood betrachtete die Bilder.
„Tja, so manches ändert sich wohl nie.“
Seagrove blickte sich in der Bar um und murmelte zustimmend. Er ging an einigen bulgarischen Paramilitärs in Tihina-Uniformen vorbei und setzte sich mit Blackwood an einen uralten Eichentisch, dessen abgenutzte Oberfläche von der lebhaften Geschichte dieses Ortes zeugte. Der dritte Mann am Tisch sah nicht einmal auf und konzentrierte sich stattdessen auf den roten Apfel, den er mit seinem Taschenmesser schälte. Seine nicht näher identifizierbare Militäruniform war zwar hier und da geflickt, ansonsten aber tadellos sauber und die Waffe lag gut geölt und einsatzbereit vor ihm auf dem Tisch. Auf seinem ernsten Gesicht waren keine Emotionen zu erkennen.
„Kommandant Sokolov.“
Der Mann ignorierte ihn weiterhin und schien sich ausschließlich auf die Frucht in seiner Hand zu konzentrieren, als ob es sich dabei um den wichtigsten Gegenstand im ganzen Universum handeln würde. Nach einer kurzen Pause fuhr Blackwood unbeirrt fort.
„Wir würden gern ihre Dienste in Anspruch nehmen.“
Wieder keine Reaktion.
„Wir zahlen bar.“
Der Mann schnitt steckte sich ein Stück Apfel in den Mund und begann zu kauen, während er Blackwood zum ersten Mal direkt in die Augen blickte.
„Und wofür genau brauchen sie Finist und mich?“
“Finist?” Fragte Seagrove.
“Mein Panzer.”
„Wir haben gehört, sie wären genau der richtige Mann, wenn es um Geschäfte in Istanbul geht. Und dass sie Clayburn hassen.“
Sokolov blickte Blackwood lange prüfend an und nickte schließlich.
„Kommt am Abend wieder. Wir werden die Einzelheiten besprechen.”
Blackwood nickte und machte sich daran, aufzubrechen, doch Seagrove runzelte die Stirn und hakte noch einmal nach.
„Ich muss einfach fragen. Warum Finist? Warum nennt jemand seinen Panzer nach einer Märchenfigur? Ist das nicht ein wenig kindisch?“
Sokolovs Gesicht verfinsterte sich augenblicklich und er kniff die Augen zusammen.
„Du bist noch jung. Lass mich dir einen Rat geben. Kostet auch nichts. Mach dich niemals über die Kultur eines anderen lustig. Sie ist der Schlüssel zum...“, er hielt inne und suchte nach dem richtigen Ausdruck. „Wahren Selbst eines jeden Menschen.“
„Selbst Märchen?“
„Besonders die“, stellte Sokolov abschließend fest, winkte ab und widmete sich wieder völlig seinem Apfel.