Wenn von den schlechtesten jemals gebauten Panzern die Rede ist, denken die meisten an monströse, aus Verzweiflung entstandene Gebilde der Kriegs- oder Vorkriegszeit. Auch wenn sich die Situation dem Krieg stabilisierte und sich die extrem schnelle Waffenentwicklung verlangsamte (es dauerte nur fünf Jahre, damit sich aus dem Panzer II, der BT-Panzerreihe und dem M1-Kampffahrzeug Panther, Pershing und die IS-3 entwickelten), hörte die Evolution der Panzerfahrzeuge niemals auf.
Gescheiterte Fahrzeuge der Nachkriegszeit hatten mit anderen Widrigkeiten zu kämpfen, als die Panzer der Kriegsära. Statt offensichtlich nutzlose Konzepte zu verfolgen und etwa unrentable, superschwere Panzer zu bauen, hatten die Fahrzeuge jetzt ein ganz anderes Problem, nämlich extrem lange Entwicklungszeiten, die mit extremen Kosten verbunden waren und oft dazu führten, dass ein Fahrzeug bei seiner Indienststellung bereits veraltet war. Eine lange Entwicklungszeit und ein überhöhtes Budget ist natürlich noch keine Garantie für ein gescheitertes Projekt - das beste Beispiel dafür ist der amerikanische M2 Bradley, ein feines Gefährt, das allerdings 20 Jahre bis zur Serienreife brauchte.
So manch eine Variation des klassischen Panzerdesigns, die es zur Fertigstellung brachte, verdient einen Platz im Kuriositätenkabinett. Und obwohl jede ihren individuellen Werdegang vorweisen konnte, hatten sie alle eins gemeinsam: die Tatsache, ein Fehlschlag zu sein. Heute werden wir uns einige von ihnen ansehen.
Panzer 68
Der Panzer 68 ist ein schweizerisches Modell gewesen, das als Nachfolger des relativ erfolgreichen Panzer 61 gedacht war. Benannt nach dem Jahr, in dem es offiziell von der schweizerischen Regierung bestellt wurde, ist bei diesem Fahrzeug auf den ersten Blick nichts ungewöhnlich - ein solider, auf Grundlage des Vorgängers entworfener Panzer mit standardmäßiger NATO 105mm-Kanone und solider Panzerung, die sich mit amerikanischen und sowjetischen Produktionen messen konnte. Es wurden etwa 390 dieser Panzer produziert und das Fahrzeug befand sich von 1971 bis 2003 im Dienst.
Das Problem dieses Panzers bestand nicht in seinem Design, sondern in einer Reihe fataler Probleme, die ihn zusammengefasst praktisch nutzlos in der Schlacht machten. 1979 wurde ein Komitee zur Untersuchung des Fahrzeugs einberufen, das auf Dutzende von Problemen gestoßen ist, darunter:
- Unzureichenden ABC-Schutz
- Die Tatsache, dass das Fahrzeug gestoppt werden muss, bevor es in den Rückwärtsgang gehen kann (eingeschränkte Reaktionszeit)
- Ein Radiosignal, das sich störend auf die Steuerung des Geschützturms auswirkte und ihn bei voller Kraft bisweilen unwillkürlich in Bewegung versetzte
Der gravierendste Fehler ist jedoch die Tatsache gewesen, dass das Einschalten der Heizung die Kanone zum Abschuss bringen konnte. Dieser Bericht löste einen Skandal aus und zwang den schweizerischen Verteidigungsminister zum Rücktritt. Trotz aller Pannenserien blieb dieser Panzer im Dienst der schweizerischen Armee, die meisten Probleme wurden nach dem skandalösen Bericht beseitigt. Die Tatsache aber, dass diese Fahrzeuge fast ein Jahrzehnt lang im Einsatz waren, bevor die Wahrheit ans Licht kam, sichert ihnen einen Platz in unserer Liste.
Saddam und der Löwe von Babylon
Einer der berühmtesten Misserfolge des Nachkriegs-Panzerbaus ist wohl der irakische Versuch, einen eigenen Kampfpanzer zu kreieren. Seine Geschichte ist nicht genau bekannt und Quellen sprechen von verschiedenen Prototypen, doch der Ursprung des Panzers kann auf den T-72M zurückverfolgt werden, der im Iranisch-Irakischen Krieg im Einsatz gewesen ist. Der T-72M (inoffiziell auch „Affenmodell“ genannt) ist eine abgespeckte Exportversion des T-72-Kampfpanzers gewesen (er wurde ohne Elektronikmodule an „befreundete“ Länder geliefert, außerdem musste er ohne Verbundpanzerung des Geschützturms auskommen). Die abgespeckte Version ist wahrlich kein guter Panzer gewesen, im Einsatz gegen die schlecht trainierte und miserabel ausgerüstete iranische Armee aber, konnte er von den Irakern mit einigem Erfolg eingesetzt werden. Das veranlasste Saddam Hussein dazu, seine „Entwicklung“ voranzutreiben und eine „lokale“ Version herzustellen.
Die Stahlwerke von Tadschi (von deutschen Ingenieuren 1986 erbaut) beschäftigten sich bis dato hauptsächlich mit der Reparatur von schwer beschädigten irakischen T-55 und T-62 und wurde jetzt mit dem Zusammenbau des T-72M aus importierten Teilen beauftragt (die meist aus der Sowjetunion und Polen kamen, zum Teil auch aus der Tschechoslowakei). Die ersten vor Ort zusammengebauten T-72 konnten sich durchaus mit den klassischen T-72M messen (einen Unterschied machten die entfernten Stoßdämpfer). Einige Quellen behaupten, diese Panzer hätten den Namen „Saddam“ getragen.
Nach 1990, als das Embargo den Irak immer mehr von der Außenwelt abschnitt, ist es praktisch unmöglich gewesen, Teile des für die irakische Armee so wichtigen T-72 zu importieren. Das führte zur illegalen Einfuhr einiger Teile aus dubiosen (meist russischen und polnischen) Quellen und den Bau von Panzern aus diesem illegalen Material. Es ist nicht bekannt, wie viele T-72 in dieser Zeit gebaut worden sind, doch diese Panzer bekamen eine weitere Abspeckkur verpasst (so wurde etwa der laminierte frontale Rumpfschutz gegen eine einfache Schottpanzerung ersetzt und auch auf einige elektronische Geräte des T-72M verzichtet). Es wurde zusätzlich Anti-HEAT-Gummi von dubioser Qualität verbaut, was nicht bedeuten soll, dass es eine einheitliche Ausstattung der produzierten Fahrzeuge gegeben hat - einige Modelle besaßen Geräte, die bei anderen fehlten und es gibt Gerüchte, wonach auch belgische Wärmebildsensoren und unterschiedliche Munition für die 125mm-Kanone verwendet wurden. Diese abgespeckten T-72 wurden auch unter dem Namen „Asad Abil“ bekannt (oder „Löwe von Babylon“).
Wie sich das irakische Waffenarsenal im Golfkrieg präsentierte, ist allseits bekannt, die meisten irakischen Panzer machten einen miserablen Job und die letzten Löwen wurden im Irakkrieg von 2003 vernichtet. Eines jedenfalls ist sicher: eine abgespeckte Version abzuspecken, ist niemals eine gute Idee und macht die Anwesenheit des Löwen von Babylon in unserer Liste durchaus gerechtfertigt.
Arjun
Das indische Kampfpanzer-Projekt Arjun (benannt nach einem Charakter aus dem Mahabharata-Epos) ist eine der größten Pleiten des ausgehenden 20. Jahrhunderts und das beste Beispiel dafür, wie eine überzogene Entwicklungsphase schief gehen kann. Das Projekt startete 1971 als Reaktion auf den Indisch-Pakistanischen Krieg. Das Ziel war, einen komplett in Indien produzierten Kampfpanzer zu bauen, der sich für die Besonderheiten der Kriegsführung in diesem Teil der Erde eignen würde. Die ersten Panzer sollten 1985 an die Truppen ausgeliefert werden, erwartungsgemäß bis zum Jahr 2000 ihren 15-Jährigen Dienst tätigen und den unübersichtlichen indischen Panzer-Fuhrpark vereinheitlichen
Am Ende stellte sich das Projekt als zu ambitioniert für die damals noch in den Anfängen stehende indische Militärindustrie heraus. Was als 40-Tonnen-Kampfpanzer mit einer 105mm-Kanone begann sollte in der Entwicklungsphase viel schwerer und besser ausgerüstet werden, weil die Armee auf einem Fahrzeug beharrte, das gegen die modernsten Kampfpanzer gewappnet sein würde, was eine Aufrüstung auf 120mm nach sich zog. Die Industrie konnte diesen Anforderungen nicht entsprechen und die Tatsache, dass viele Komponenten in Eigenregie entworfen werden mussten, verzögerte das Projekt immer weiter.
Die gesamte Entwicklung des Panzers dauerte 30 Jahre und kostete 20 mal soviel, wie am Anfang des Projekts geplant. Frühe Prototypen wurden 1989 getestet und fielen wegen erbärmlichen Trefferquoten und überhitzten Motoren gnadenlos durch die Prüfungen, was sich auch ein Jahrzehnt später wiederholte. Das Projekt Arjun scheiterte und Indien sah sich gezwungen, mit der lizensierten Produktion von russischen T-90-Panzern zu beginnen. Aus dem Arjun wurde zwar mit der Zeit die Mk.II-Variante, bei der alle Probleme des Vorgängers behoben sein sollen, wie viele davon letztendlich produziert werden, ist ungewiss.
Auf den Ehrenplätzen
In keinem Artikel über schlechte Panzerfahrzeuge darf natürlich der M551 Sheridan fehlen (der seine größten Probleme am Ende in den Griff bekommen konnte), ebenso wie das MBT-70-Programm, das sich als absurd teuer und kompliziert herausstellte. So manch ein miserabler Panzer wird in industriell unterentwickelten Ländern wie Nordkorea gefertigt und es gibt einige historisch interessante, jedoch nutzlose Vehikel aus kubanischer Produktion. Mit der Zeit werden wohl immer mehr sogenannte Schwellenländer ihre eigenen Rüstungsprogramme starten (die ersten Versuche gibt es bereits) und wir werden noch mehr furchtbare Waffenexperimente zu sehen bekommen.