Die Geschichte der deutschen Panzerentwicklung ist lang und verschlungen, es wäre unmöglich, sie in einigen Artikeln detailliert darzustellen, schließlich wurden zu dem Thema schon viele Bücher geschrieben. Eines jedenfalls ist sicher: die Entwicklung der deutschen Panzerfahrzeuge ist mit die einflussreichste in der Geschichte des modernen Waffenbaus.
Die Schrecken des Ersten Weltkriegs und der Wunsch, die Hölle der Schützengräben sich niemals wiederholen zu lassen, führten zu der Entwicklung einer der mächtigsten Armeen der Weltgeschichte, wobei die Panzertruppen einen entscheidenden Teil zu den frühen Erfolgen der deutschen Armee während des Zweiten Weltkriegs beitrugen.
Ähnlich wie die anderen im Ersten Weltkrieg kämpfenden großen Nationen, begann das Deutsche Reich im Verlauf des Konflikts relativ erst spät mit der Entwicklung gepanzerter Fahrzeuge. Der erste serienmäßig produzierte deutsche Panzer, der A7V, ist eine grob gearbeitete, sperrige Metallkiste mit mehreren Maschinengewehren gewesen. Das langsame und verwundbare Fahrzeug war nicht sonderlich erfolgreich und als die Deutschen, ebenso wie vor ihnen die Franzosen, erkannten, dass die Zukunft in kleineren Panzern liegt, war es zu spät und der Krieg schon verloren.
Der Friedensvertrag von Versailles beendete vorerst alle deutschen Ambitionen, fortschrittliche Panzer zu bauen und stoppte die Entwicklung der LK- und LK II-Prototypen (auch wenn einige Exemplare nach Schweden und Ungarn gelangten). Dem Deutschen Reich wurde der Besitz und die Produktion komplexer Waffen (darunter Panzern) auf Jahre hinaus verboten.
Wenn es um die Wiedergeburt der deutschen Panzertruppen geht, denken die meisten an Heinz Guderian als den „Vater“ des Erfolgs, den man in Wirklichkeit Oswald Lutz zuschreiben sollte. Lutz, ein glühender Verfechter der Panzerentwicklung, ist 1920 als Major zum Führer der Kraftfahrtruppen ernannt worden, einer Heeresabteilung, der 1922 auch Guderian mit seinem Gefolge beitrat. Zusammen formten sie die deutsche Panzerkampftaktik. Ausländische Beobachter amüsierten sich beim Anblick deutscher Truppen, die mit riesigen Pappschachteln bewaffnet Panzerschlachten simulierten - zwanzig Jahre später allerdings sollte ihnen das Lachen vergehen, als die Welt wieder vor der deutschen Feuermacht zittern musste. Es ist schon eine Ungerechtigkeit de Geschichte, dass bei der Entwicklung der deutschen Panzerfahrzeuge nur der Name Guderian genannt wird und sein Mitstreiter Lutz unter den Tisch fällt. Oswald Lutz zog sich 1938 vom aktiven Dienst zurück, kehrte 1941 kurzzeitig in die Wehrmacht zurück und starb nach langwieriger Krankheit 1944 in München.
Die deutsche Panzerentwicklung zwischen den Kriegen wäre nicht ohne Deutschlands Verbündeten möglich gewesen oder zumindest um ein Vielfaches komplizierter. Die Sowjetunion unterzeichnete mit dem Deutschen Reich 1922 den Vertrag von Rapallo, die beiden Länder blieben bis 1941 verbündet. Ein Passus des Vertrags ermöglichte es dem Deutschen Reich, bestimmte sowjetische Militäranlagen zu nutzen, darunter die Kama-Panzerschule in der Nähe von Kazan. Die Anlage bestand bis 1933 und ist der Ort gewesen, an dem deutsche Offiziere ausgebildet wurden, die später den Kern der deutschen Panzertruppen bilden sollten.
Frühe Zwischenkriegsdesigns
Man erinnert sich an wohlbekannte deutsche Entwicklungen, wie den Panzer I oder den Panzer II und vergisst dabei oft zu unrecht, dass es bereits davor nennenswerte Panzerfahrzeuge gegeben hat. Die Fortsetzung der Entwicklung der frühesten deutschen Panzer wurde durch den Weggang von Joseph Vollmer unterbrochen, der die deutschen Fahrzeuge im Ersten Weltkrieg entworfen hatte (den A7V und den LK) und Deutschland verließ, um bei Škoda (Tschechoslowakei) an der Kreation von Räder-Raupenaufhängungen für erste Škoda-Panzer zu arbeiten. Er kehrte später nach Deutschland zurück, beteiligte sich jedoch nicht mehr an der Entwicklung von Waffen. Vollmer ist ein Vollbluterfinder gewesen, der bis zu seinem Tod in 1955 um die 450 Patente auf seinen Namen anmeldete.
Deutsche Versuche, in den 20er Jahren erste eigenen Panzer zu bauen, sind gut dokumentiert, besonders, wenn es um den Grosstraktor und den Leichttraktor geht (die Fahrzeuge wurden „Traktoren“ genannt, um das offizielle Verbot zu umgehen, ein Umstand, der sich erst 1935 änderte), doch es gab auch weniger bekannte Entwicklungen. So wurden einige Versuche unternommen, Selbstfahrlafetten zu bauen, die meist auf Traktorfahrgestellen basierten.
Eines dieser Fahrzeuge ist der mit einer 7,7cm-Feldkanone ausgerüstete W.D. Schlepper von 1927 gewesen. Es ist im Prinzip ein von Hanomag produzierter W.D. Artillerietraktor gewesen, auf dem ein leichtes 77mm-Feldgeschütz montiert wurde. Er ist alles andere als effektiv gewesen, bot der Besatzung keinerlei Schutz und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h. Ein einziges Prototyp wurde gebaut und in Kama getestet.
Einen weiteren Versuch startete Krupps im Jahre 1928. Das Fahrzeug nannte sich Krupp L.S.K. und sollte ein Leichttraktor mit aufmontierter 75mm-Feldkanone sein. Die Besatzung ist wieder nur durch eine leichte Metallwand geschützt gewesen. 1930 entstand ein Prototyp, das zwischen 1931 und 1933 ohne größeren Erfolg getestet wurde.
Ungeachtet dieser Rückschläge setzte Deutschland die Panzerentwicklung fort, die ihre ersten Erfolge in Form des Panzers I und Panzers II feiern konnte. Der Panzer I ist eher eine Tankette als ein Leichtpanzer gewesen und der Panzer II reichte trotz seines modernen Designs nicht an Panzer anderer Länder heran. Beide Fahrzeuge sind der Grundstock der deutschen Armee in 1939 und 1940 gewesen, bevor sie durch große Stückzahlen der wuchtigen mittleren Panzer III und IV ersetzt wurden.
Das Bild von der Übermacht der deutschen Panzertechnologie während der Feldzüge in Polen 1939 und Frankreich 1940 ist in gewisser Weise ein Mythos. Es ist wahr, dass die deutschen Truppen gut ausgebildet gewesen sind - bis auf die Waffen-SS, die entgegen einer weit verbreiteten Meinung von der „übermächtigen Waffen-SS“ für ihre schwache Leistung bekannt war und vor allem zu Beginn des Krieges bis auf wenige Einheiten weitgehend nutzlos gewesen ist. Was den deutschen Kriegsplänen den entscheidenden Impuls gab, ist nicht die heimische Wirtschaft gewesen, die 1938 praktisch Pleite war, sondern das Münchner Abkommen und die daraus folgende Besatzung der Tschechoslowakei, in deren Rahmen der Wehrmacht eine ganze Bandbreite an modernster Waffentechnik einer der fortschrittlichsten Armeen der Welt in die Hände fiel - darunter hunderte von Panzern, die den deutschen Modellen weit überlegen waren. Tschechoslowakische Ausrüstung wurde der deutschen Armee einverleibt und trug maßgeblich zum Erfolg des Blitzkriegs bei.
Deutschland besiegte Polen und Frankreich auch dank seiner innovativen Nutzung von Panzerwaffen. Anders als die meisten Heere, die Panzer vorrangig zur Unterstützung von Infanterie und Kavallerie einsetzten, nutzte das Deutsche Reich die Infanterie zur Flankierung von Panzereinheiten, wobei Panzerbrigaden die Angriffe anführten und von mechanisierter Infanterie und Bombenflugzeugen unterstützt wurden. Diese Taktik ist natürlich nicht exklusiv den deutschen Truppen vorbehalten gewesen, die meisten hochentwickelten Armeen hatten Befürworter dieser Panzertaktik in ihren Reihen. Der Unterschied bestand darin, dass diese Befürworter in anderen Ländern den Kürzeren zogen, während sie in Deutschland die Oberhand gewannen, allen voran Lutz und Guderian. Auch die Briten experimentierten sehr früh mit mobiler, mechanisierter Kriegsführung, wobei besonders der Name des britischen Militärtheoretikers Sir Basil Henry Liddell Hart genannt werden muss. Gerüchten zufolge sollen seine Theorien großen Einfluss auf Guderian und seine Taktik gehabt haben, konkret überliefert ist dazu nichts.
Die ersten Gegner der Deutschen, die Polen und die Franzosen, fielen bestimmten taktischen Besonderheiten der jeweiligen Feldzüge zwar recht schnell zum Opfer, doch diese Erfolge sind entgegen weitläufiger Meinung nicht leicht erkämpft gewesen: über 220 Tausend deutsche Soldaten wurden getötet oder verwundet und allein in Frankreich verlor die Armee 800 Panzer. Nichtsdestotrotz verursachte der Frankreichfeldzug einen großen Schock. Bis 1940 wurde Frankreich als militärische Großmacht gehandelt, die den Weltkrieg vor zwanzig Jahren gewonnen hatte und niemand hätte sich einen derart schnelle Kapitulation vorstellen können. Auf diese Weise beeinflusste die deutsche Panzertaktik die Strategen der Welt, die Wege suchen mussten, um der Blitzkriegtaktik der massiven Panzerkampfführung etwas entgegenzusetzen. Manche hatten Erfolg, andere nicht. So ist die amerikanische Jagdpanzerdoktrin mehr als ein Misserfolg gewesen, was wiederum dazu führte, dass die Amerikaner, wie die Deutschen zwanzig Jahre zuvor, ihre gesamte Panzertaktik von Null auf entwickeln mussten, wobei sie bei der Bekämpfung der deutschen Panzerkolonnen teils auf kreative Lösungen setzen mussten. Nach dem Sieg über Frankreich und dem erfolglosen Versuch, Großbritannien durch massive Bombardierungen in die Knie zu zwingen, wendeten die Deutschen ihre Aufmerksamkeit den Weiten der russischen Steppe zu.
Alles in allem ist die deutsche Armee (inklusive Panzertruppen) in der ersten Hälfte des Krieges bis auf wenige Ausnahmen ein kompakter Kampfverband gewesen, der von einer ausgebauten Waffenindustrie gestützt wurde (bis 1942-1943 zusehende Isolierung und Zerstörung durch Bombenangriffe diese Entwicklung stoppten).
Die Deutschen sind also weder Übersoldaten gewesen, noch inkompetente Glücksritter, wie sie je nach Interpretation porträtiert werden. Die Wahrheit über die deutsche Kriegsführung fiel dem Mythos vom Dritten Reich zum Opfer, der die Menschen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs fasziniert und wohl weiterhin faszinieren wird, auch wenn die Wirklichkeit viel nüchterner gewesen ist. Lest in Kürze auch den nächsten Artikel, in dem wir weiteren Mythen auf den Grund gehen werden, die mit dem deutschen Militär zusammenhängen.