Trotz der Probleme mit der ganzen Entwicklung des Sheridan und der Konstruktion des Geschützturms, waren die Kampfergebnisse des Fahrzeugs eigentlich nicht so schlecht. "Gemischt" ist wohl das richtige Wort, um die ersten Eindrücke vom Fahrzeug in Vietnam zu beschreiben.
Einsatz in Vietnam
Wie bereits im ersten und zweiten Teil der Sheridan-Serie erwähnt, wurde der M551 erstmals im Vietnamkrieg eingesetzt, der im Großen und Ganzen sein Existenzgrund war. Die ersten 64 Fahrzeuge kamen in Vietnam im Januar 1969 an und wurden auf zwei Einheiten aufgeteilt:
- erster Eskadron des 11. US-Kavallerieregiments (1/11 ACR)
- dritter Eskadron des 4. US-Kavallerieregiments (3/4 ACR)
Es bestand zwischen diesen zwei Einheiten ein großer Unterschied, der ihre Haltung zum Sheridan stark beeinflusste. Während die 1/11 ACR größtenteils mit gepanzerten Transportern des Typs M113 ausgestattet war, war die 3/4 ACR ursprünglich mit M48-Patton-Panzern ausgerüstet. Offensichtlich verhielten sich diese beiden Schienenfahrzeuge sehr unterschiedlich, und das wirkte sich auf das neunwöchige Besatzungstraining aus.
Die Männer von der 1/11 ACR (ehemalige M113-Besatzungen) waren ziemlich begeistert von ihren Sheridans. Der M551 bot eine im Vergleich zu ihren alten Fahrzeugen viel bessere Feuerkraft, und während sie die Mängel des Sheridan erkannten, war das ihr erstes richtiges Training als Panzersoldaten, und deshalb verstanden sie die Mängel als etwas Selbstverständliches, als Hindernisse, die es zu überwinden galt. Ihnen gefielen die Geschwindigkeit und die Geländefähigkeiten des Sheridan (insbesondere die Tatsache, dass der M551 im Gegensatz zum M113 selbst bei wildesten Manövern nicht dazu neigte, seine Schienen abzuwerfen) sowie sein reibungsloser Gang und die Zuverlässigkeit der Aufhängung.
Die Besatzungen der 3/4 ACR waren einer ganz anderen Meinung. Im Vergleich zu ihren bisherigen 50 Tonnen schweren, robusten und zuverlässigen M48-Kampfpanzern kam ihnen der Sheridan wie ein übertechnisiertes Spielzeug vor. Außerdem erhielten die Panzersoldaten wegen ihrer vorhandenen Erfahrung mit Panzern lediglich eine verkürzte Ausbildung.
In gewisser Weise war der Sheridan das genaue Gegenteil des M48. Verglichen mit dem M48 war er alles andere als zuverlässig, benötigte eine aufwendige Wartung, und alles ging ständig kaputt, auch ohne das komplizierte Shillelagh-Startsystem (die Sheridans in Vietnam waren nicht mit Lenkflugkörpern ausgerüstet). Das alles - und der schlechte Schutz des Panzers - führten zu zahlreichen Beschwerden seitens der ehemaligen M48-Besatzungsmitglieder, die sich in ihren neuen aluminiumhäutigen Fahrzeugen sehr unsicher fühlten.
Dieser Unterschied in der Wahrnehmung verschiedener Einheiten war nichts Neues. Das Gleiche war den Deutschen 30 Jahre vorher mit ihren Ferdinand-Jagdpanzern passiert. Zwei verschiedene Einheiten hatten diese Jagdpanzer erhalten - eine von ihnen war an leichtere bewegliche Fahrzeuge gewöhnt, während die andere eine Sturmgeschütz-Einheit war, die normalerweise im Hinterhalt lauerte. Die Ergebnisse der ersten Einheit (die mit dem Ferdinand viel herumfuhr) waren katastrophal, während die zweite Einheit (die den Ferdinand für Angriffe aus dem Hinterhalt benutzte) äußerst effektiv war, was diesem Fahrzeug eine mörderische Reputation einbrachte.
Einer der schlimmsten Zwischenfälle mit dem M551 eignete sich im Februar 1969, als ein Sheridan über eine Mine fuhr. Die Explosion tötete den Fahrer und bewirkte sekundäre Explosionen der Munition, die den Rest der Besatzung kritisch verwundeten. Das führte zu einer neuen Welle von Beschwerden, da die Besatzungen überhaupt nicht verstanden, warum die Armee ihnen ihre geliebten M48-Fahrzeuge genommen und sie durch diese "übergroße Papiergewichte" ersetzt hatte. Dieser Zwischenfall hatte außerdem eine Modifikation zur Folge: Die Unterseite der Sheridans wurde durch eine Platte aus einer Titanlegierung verstärkt, die beinahe eine Tonne wog. Manche Besatzungen machten auch ihre eigenen Modifikationen: So legten zum Beispiel die Fahrer unter ihre Sitze Sandsäcke, um sich gegen Minenexplosionen zu schützen. Insgesamt gewöhnten sich die Besatzungen aber langsam an die Tatsache, dass der Sheridan eigentlich ein Leichtpanzer war und nicht als Kampfpanzer eingesetzt werden konnte, ohne die Besatzung ernsthaft in Gefahr zu bringen.
Doch nicht jedes Feedback der Panzersoldaten von der 3/4 ACR war schlecht: Die neuen "Bienenstock"-Flechet-Projektile waren extrem effektiv, und am 10. März 1969 nahe der Stadt Tay Ninh massakrierten die Sheridans mithilfe dieser Geschosse eine ganze Einheit der Vietcong-Infanterie. In einer anderen Schlacht bei Bien Hoa wurden mindestens achtzig vietnamesische Kämpfer durch die winzigen Flechet-Nadeln buchstäblich auseinandergerissen. Ende 1969 operierten ungefähr 200 Sheridans in Vietnam.
Trotz aller Probleme war die Erfahrung mit diesem Fahrzeug insgesamt eigentlich nicht so schlecht, und die Sheridans verließen Vietnam als einige der letzten gepanzerten Fahrzeuge. Um die 100 von ihnen gingen im Krieg verloren - doch meistens, weil sie im Schlamm stecken blieben oder von ihren eigenen Besatzungen zerstört wurden.
Jenseits des Ozeans
Zu der Zeit, als der Vietnamkrieg in vollem Gange war, wurden die Sheridans auch in Europa eingesetzt. Es war keine Überraschung, dass sich die Leistung des Sheridan im milden Klima stark verbesserte, insbesondere was seine Zuverlässigkeit betraf. Die Sheridan-Einheiten entwickelten eine recht effektive Taktik, um mit der wahrgenommenen Bedrohung durch Horden sowjetischer Panzer fertigzuwerden: die "Hit-and-Run"-Taktik, bei der sie die überlegene Reichweite der Shillelagh-Raketen ausnutzten. Der M551 feuerte zwei Shillelagh-Raketen aus großer Entfernung ab - aus 2000 Metern konnte er nicht von den sowjetischen Panzerkanonen getroffen werden - und zog sich schnell zurück, wobei er den Feind ratlos und taumelnd zurückließ. 1971 wurden die Sheridans mit dem neuen Rubinlaser-Entfernungsmesser AN/VVG-1 ausgerüstet - solche Fahrzeuge trugen die Bezeichnung M551A1. Das brachte ein kleines Problem mit sich: Während der Übungen konnte die Sehkraft jener Soldaten, die die "Bösen" spielten, durch das Laser beschädigt werden; aber dieses Problem wurde durch bestimmte Beschränkungen im Trainingsmodus gelöst und spielte danach keine Rolle mehr. Ab 1978 ließ man die Sheridans langsam auslaufen, wobei aktive Fahrzeuge entweder durch M60A1- und M60A3-Panzer oder vorübergehend durch M113-Schützenpanzer ersetzt wurden, die später durch die Bradley-Fahrzeugfamilie abgelöst wurden. Am Ende blieb die 4. Bataillon des 68. Regiments der 82. Luftlandedivision als die einzige Einheit übrig, die diese Fahrzeuge noch aktiv einsetzte. Die restlichen Sheridans endeten auf militärischen Schrottplätzen oder als Ersatzteilquelle in Reparaturwerken.
Letzter Krieg des Sheridan
Vor seiner endgültigen Pensionierung in 1996 wurde der M551 in zwei weiteren Konflikten eingesetzt: bei der US-Invasion in Panama (Operation "Just Cause") und der Offensive gegen den Irak im Zweiten Golfkrieg (Operation "Desert Storm").
In Panama wurden die Sheridans der 82. Luftlandedivision dazu verwendet, erst mal den Landeplatz zu erobern und wurden im entsprechenden Gebiet mit dem Fallschirm abgeworfen. Wegen schlechten Wetters landeten einige Sheridans in einem Sumpf in der Nähe - ihre Besatzungen waren alles andere als begeistert. Der Einsatz der Sheridans als solcher war aber zufriedenstellend: Die Fahrzeuge waren beweglich, und die hochexplosive 152-mm-Munition hatte genug Zerstörungskraft im Stadtkampf, um die sich in den Häusern verschanzten Noriega-Truppen zu beseitigen.
Die Operation "Desert Storm" sollte aber der letzte Krieg des Sheridans werden. Die ersten 55 Fahrzeuge wurden 1991 an den Persischen Golf geschickt, und vor der Ankunft der Abrams-Panzer waren sie für den Großteil der amerikanischen Feuerkraft auf dem Schlachtfeld zuständig. Hier wurde die Shillelagh-Rakete zum ersten (und letzten) Mal operationell eingesetzt und setzte dabei einen irakischen Kampfpanzer vom Typ 59 außer Gefecht. Die Fahrzeuge erwiesen sich bei ordentlicher Wartung als sehr zuverlässig, aber selbst das konnte sie nicht retten. Nach dem Krieg wurden die Sheridans einige Zeit als OPFOR-Fahrzeuge benutzt (Trainingseinheiten, die bei Militärübungen auf dem Schlachtfeld die Sowjets repräsentierten), und in dieser Rolle endete ihre Karriere schließlich im Jahre 1998.