In der zweiten Hälfte des Zweiten Weltkriegs wurden die modernen sowjetischen Panzer zum Albtraum der deutschen Truppen - und das zurecht. Der T-34 galt neben dem amerikanischen Sherman als bester Panzer des Zweiten Weltkriegs und war den in die Jahre gekommenen deutschen Panzern III und IV deutlich überlegen. Doch auch wenn diese modernen mittleren Panzer zurecht gefürchtet waren, ging der wahre Terror auf dem Schlachtfeld von dem Goliath der sowjetischen Panzertruppen aus - dem Schwerpanzer.
Nach eher bescheidenen Anfängen mit multiplen Geschütztürmen entwickelten die Sowjets dabei etwas wahrlich außergewöhnliches. Zwei Serien von schweren Durchbruchspanzern (benannt nach Kliment Woroschilow und Josif Stalin) wurden kreiert, um selbst die schwersten Hindernisse zu überwinden, feindliche Linien zu durchbrechen und so den eigenen Truppen den Weg zu ebnen.
Die Modelle IS und IS-2 waren dabei höchst effektiv, wenn es darum ging, selbst die schwersten deutschen Panzer zu zerstören und der moderne IS-3 schockte bei seiner Vorstellung 1945 die Welt, doch der Höhepunkt der IS-Serie wurde erst nach dem Krieg mit dem mächtigen IS-7 erreicht.
Die Entwicklung des IS-7 begann bereits im Sommer 1943, als aufgrund des Auftauchens neuer deutscher Panzerfahrzeuge an der Ostfront (insbesondere des schweren Jagdpanzers Ferdinand) die Anforderungen an einen zukünftigen superschweren Panzer angepasst werden mussten. Die neuen Vorgaben wurden im November 1943 formuliert und sahen den Bau eines neuen 55-Tonnen-Panzers vor, der in der Lage wäre, allen deutschen Bedrohungen zu trotzen.
Die Entwicklung des neuen Schwerpanzers begann gleichzeitig in zwei konkurrierenden Konstruktionsbüros - dem SKB-2 des Kirow-Werks (das während des Krieges nach Tscheljabinsk verlegt wurde) unter der Leitung von N.L. Duchow und im Werk Nr. 100 unter J.Y. Kotin. Die Konkurrenz war unerbittlich.
Objekt 252 und Objekt 253
Statt den IS-2 als Basis für den neuen Panzer zu nehmen, begann man im Werk Nr. 100 mit der Entwicklung eines komplett neuen Schwerpanzers, der die Bezeichnung IS-6 erhielt. Ein besonderes Merkmal des IS-6 war die großflächige Verwendung angewinkelter Panzerung. Das Projekt wurde streng geheim gehalten, Zugang zu den Entwürfen hatten nur einige ausgewählte Top-Konstrukteure. Das Resultat war jedoch wenig zufriedenstellend, denn der Panzer hatte Probleme mit dem Laufwerk und dem Getriebe, war viel zu schwer und auch seine Mobilität ließ zu wünschen übrig. Darin unterschied sich der IS-6 nur wenig von seinem Konkurrenzmodell aus dem SKB-2 in Tscheljabinsk (Objekt 701).
Die Entwicklung wurde fortgesetzt. Als Kotin die Unterstützung des für die sowjetische Panzerproduktion verantwortlichen Sekretärs V.A.Malyschew verwehrt blieb, wandte er sich direkt an den gefürchteten NKWD-Direktor Lawrentij Berija, der sich hinter Kotin stellte und ihm somit ermöglichte, an seinen Entwürfen für schwere Panzer weiterzuarbeiten – Objekt 257, Objekt 258 und Objekt 259. Es waren drei Varianten ein und desselben Projekts, die sich voneinander hauptsächlich durch den Typ Motor und des Getriebes unterschieden. Die drei Projektvarianten wurden Anfang 1945 fertiggestellt.
Es waren solide Entwürfe, doch ehe sie im Juli 1945 auf Malyschews Schreibtisch landeten, um abgesegnet zu werden, änderten sich die Anforderungen an sowjetische Schwerpanzer abermals. Grund dafür waren Nachrichten über einen erbeuteten superschweren deutschen Maus-Panzer und die Kunde von einem in Österreich erbeuteten Jagdtiger, der den Sowjets intakt in die Hände gefallen war. Beide deutschen Panzer waren mit einer 128-mm-KwK-44-Kanone ausgerüstet, gegen die Kotins Fahrzeuge nicht ausreichend gepanzert waren. Außerdem bestand die vorgeschlagene Bewaffnung der Objekt-Modelle in einer 122-mm-BL-13, die angesichts der neuen Bedrohung nur eine Zwischenlösung sein konnte und dem Maus höchstens auf kurze Distanz hätte gefährlich werden können.
Es wurde also entschieden, die Panzerung des zukünftigen sowjetischen Schwerpanzers gegen die Jagdtiger-Kanone zu wappnen und die Bewaffnung von 122 auf 130 mm zu verbessern, wobei die 130-mm-S-26-Kanone zum Einsatz kommen sollte. Für den Turm des Objekts 257 war dieses Geschütz jedoch viel zu groß. Das machte die Entwicklung einer neuen Variante nötig, womit das Objekt 260 ins Leben gerufen wurde.
Objekt 260 Modell
Die Arbeit am Objekt 260 begann unter der Leitung von J.Y. Kotin im Sommer 1945 in Leningrad (jetzt St. Petersburg) - unter der Bezeichnung IS-7. Auch wenn der Krieg mit Deutschland vorbei war, mussten sich die Konstrukteure an strikte Vorgaben halten und so wurden die ersten Zeichnungen des neuen Schwerpanzers bereits am 9. September 1945 fertiggestellt. Das Projekt entwickelte sich zu einem sehr ausschweifenden und innovativen Unterfangen, allein der Entwurf umfasste insgesamt 1500 Zeichnungen des Fahrzeugs.
Dabei folgte man der von Kotins früheren Entwürfen vorgegebenen Linie und setzte hochgradig angewinkelte Panzerung mit gespaltener Frontalplatte ein, die maximalen Frontalschutz bieten sollte. Der Antrieb des Panzer sollte aus einer Kombination aus zwei V-16-Dieselmotoren mit insgesamt 1200 PS und einem für den IS-6 entwickelten elektrischem Getriebe bestehen. Die Bewaffnung bestand aus der 130-mm-Kanone S-26, drei 7,62-mm-Maschinengewehren und zwei 14,5-mm-Maschinengewehren. Das Fahrzeug sollte 65 Tonnen wiegen, wobei das Design trotz des hohen Gewichts durchaus kompakt war. Im Verlauf dieser Phase wurde ein lebensgroßes Modell angefertigt.
Die Arbeit an einer zweiten Variante des Objekt 260 begann im Frühjahr 1946 und die ersten zwei Prototypen folgten in der zweiten Hälfte desselben Jahres.
Der erste Prototyp wurde am 9. September 1946 fertiggestellt. Es wurde primär dazu eingesetzt, das Laufwerk zu testen und schloss die Prüfungsläufe erfolgreich ab. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 60 km/h und die durchschnittliche Geschwindigkeit in rauem Gelände ca. 32 km/h. Der zweite Prototyp wurde am 25. Dezember 1946 fertig. Auch dieses Modell wurde für Laufwerktests genutzt.
Eines der Probleme, die das IS-7-Projekt plagten, waren Schwierigkeiten mit den Motoren. Die paarweise eingesetzten V-16-Dieselmotoren waren ursprünglich als Zwischenlösung gedacht und man betraute das Werk Nr. 800 mit der Aufgabe, einen angemessenen Motor für den Panzer zu bauen. Dieser wurde jedoch nicht rechtzeitig fertig und auch die beiden V-16-Diesel schafften es nicht rechtzeitig, die Fertigungshallen des Werks Nr. 77 zu verlassen. Am Ende wurden beide Prototypen von TD-30-Dieselmotoren angetrieben, die auf ACh-300-Flugzeugmotoren basierten, eine weitere Zwischenlösung darstellten und in Zusammenarbeit zwischen den Werk Kirow und dem Werk Nr. 500 entstanden. Der TD-30-Motor stellte sich als ziemlich gut heraus, auch wenn er noch einige Feineinstellungen benötigte. Dabei wurden zwei Varianten des Getriebes getestet - ein 6-Gang- und ein 8-Gang-Getriebe.
IS-7
Was die Ausrüstung betrifft, so sollte das Fahrzeug mit einer S-26 130-mm-Kanone mit neuer Mündungsbremse ausgerüstet werden. Die Kanone wurde mithilfe einer mechanischen Ladeunterstützung geladen und erreichte dadurch eine für ihre Zeit und das eingesetzte Kaliber sehr hohe Feuerrate von 6 bis 8 Schuss pro Minute.
Neben den beiden Kirow-Prototypen wurden Ende 1946/Anfang 1947 auch im Werk Ischora zwei Wannen und zwei Türme angefertigt. Diese wurden für Schusstests auf dem Testgelände Kubinka verwendet, die wiederum die endgültige Panzerungsstärke der Fahrzeuge beeinflussten.
Die Konstrukteure im Werk Kirow arbeiteten 1947 an einer weiteren, verbesserten Version des IS-7. Der Entwurf basierte zwar auf dem Vorgänger von 1946, wies jedoch einige auffällige Änderungen auf, so wie die breitere Wanne, geschwungene Seiten und einen flacheren Turm. Auch die Feuerkraft wurde weiter erhöht und das Fahrzeug bekam eine 130-mm-Kanone des Typs S-70 L/54, die massive, 33,4 kg schwere Projektile mit einer Mündungsgeschwindigkeit von 900 m/s verschoss und eine für ihre Zeit sehr moderne Feuerleitanlage besaß.
IS-7 in Kubinka
Die Besatzung des Fahrzeugs bestand aus fünf Soldaten, von denen vier im Turm saßen. Der Kommandant saß rechts von der Kanone, der Richtschütze links von ihr und die beiden Richtschützen hinter dem Geschütz. Der Fahrer saß als einziger in der Wanne. Der Antrieb bestand aus dem 1050-PS-starken Schiffsdieselmotor MT-50 mit mechanischem 8-Gang-Getriebe.
Die Kirow-Werke bauten im Sommer 1948 vier dieser verbesserten IS-7. Alle absolvierten die fabrikinternen Tests und wurden anschließend der Armee für weitere Erprobungen übergeben. Der Panzer machte großen Eindruck auf das Militärkomitee, da es zwar 68 Tonnen wog, jedoch in der Lage war, bis zu 60 km/h zu erreichen und über exzellente Offroad-Eigenschaften verfügte. Die Tester hoben auch die im Vergleich zu älteren sowjetischen Modellen einfache Handhabung hervor.
Die Panzerung hielt so ziemlich allen Bedrohungen ihrer Zeit stand und zwar nicht nur Schüssen der deutschen 128-mm-KwK-44, sondern auch ihrer eigenen Kanone, der S-70. In diesem Zusammenhang wurde ein eher ungewöhnlicher Test durchgeführt, bei dem die Besatzung durch Hunde ersetzt wurde, um die Auswirkungen von Artillerie Beschuss auf die Insassen zu untersuchen. Die Hunde blieben unversehrt.
Das soll jedoch nicht heißen, dass sämtliche Tests glatt verliefen. Eines der Fahrzeuge geriet in Brand, nachdem der Motor (der nach langen Testreihen am Ende seiner Lebenszeit stand) zu brennen begann und die Brandunterdrückungsanlage das Feuer nicht löschen konnte. Die Besatzung musste das Fahrzeug verlassen und es brannte vollständig aus.
Ungeachtet dieses Zwischenfalls und einiger Kritik an dem hohen Gewicht bestand das Fahrzeug alle Tests und das Kirow-Werk wurde 1949 mit der Produktion von 50 IS-7 beauftragt. Was danach passierte, ist bis heute unklar. Der Auftrag wurde niemals ausgeführt, höchstwahrscheinlich wegen fehlender Mittel. Das Gewicht des Panzers wurde ebenso kritisiert, wie der Kostenfaktor und die sowjetische Panzerindustrie orientierte sich zusehends hin zu günstigeren Panzern mittlerer Größe, sodass für diesen Giganten einfach kein Geld mehr übrig war. Außerdem war es wegen der Beschränkung auf 50-55 Tonnen unmöglich, das Fahrzeug mit der Eisenbahn zu transportieren.
Am Ende lief kein einziger IS-7 als Serienfahrzeug vom Band und das einzige übriggebliebene Exemplar ist der 1948 gebaute Prototyp, der sich heute in Kubinka befindet. Ungeachtet seines traurigen Endes stellt der IS-7 die Krönung der sowjetischen Schwerpanzerentwicklung dar und ist im Jahre 1948 ohne Zweifel der mächtigste Panzer der Welt gewesen - zu jener Zeit wurde er von keinem anderen Fahrzeug in Sachen Panzerung, Feuerkraft und Mobilität übertroffen.
Bei Armored Warfare wird der IS-7 ein Kampfpanzer auf Tier 3 sein. Wie man an ihn gelangt, wird zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.