Die Geschichte der Panzerentwicklung ist lang und kompliziert und nur die massenhaft produzierten Fahrzeuge, wie der Abrams oder der T-72, gelangen üblicherweise ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit. Solche Erfolgsmodelle bilden jedoch nur die Spitze des Konstruktionseisbergs. Auf jedes Erfolgsmodell kommen Dutzende erfolglose Prototypen oder mittelmäßige Designs, die in kleinen Stückzahlen produziert wurden und schnell wieder von der Bildfläche verschwanden. Der LAV-300 gehört zu eben jenen wenig erfolgreichen Modellen.
Der LAV-300 entstand als privates Unternehmen der Cadillac Gage Textron in den späten 1970er-Jahren. Cadillac Gage hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen anderen leichten Schützenpanzer im Angebot – den vierrädrigen LAV-150. Die V-150-Plattform ist mit ca. 3000 gebauten Einheiten ein relativ erfolgreiches Exportmodell gewesen, doch sie war sehr leicht und die vier Räder beschränkten ihre Geländetauglichkeit. Manche Einsatzorte verlangten nach einer schwereren Plattform, sodass man ein kompaktes, exklusiv für den Export gedachtes Sechsradfahrzeug entwickelte.
Das erste Prototyp der V-300-Plattform entstand 1979. Ähnlich wie bei der V-150-Plattform wollte man auch hier eine möglichst hohe Zahl an Varianten ermöglichen, darunter:
- Einen leichten SPz mit 12,7-mm-Maschinengewehrturm oder einem 7,62 mm Maschinengewehrturm
- Einen leichten SPz mit Ein-Mann- oder Zwei-Mann-Turm und 20-mm-Maschinenkanone
- Einen leichten SPz mit Zwei-Mann-Turm und 25-mm-Maschinenkanone
- Ein Feuerunterstützungsfahrzeug mit 76-mm- oder 90-mm-Kanone
- Ein schweres Feuerunterstützungsfahrzeug mit 105-mm-Kanone in einem Drei-Mann-Turm (nicht produziert, nur Prototyp)
- Jagdpanzer mit TOW-Raketenwerfer
- Panzermörser (81 mm oder 120 mm)
- Kommandofahrzeug
- Bergepanzer
- Gepanzertes Ambulanzfahrzeug
Je nach Kundenwunsch waren auch andere Modifikationen möglich. Einer der größten Vorteile der Plattform auf dem Papier bestand aus den amphibischen Fähigkeiten, auch wenn sie in Wirklichkeit nur dazu in der Lage war, ruhige Gewässer zu durchqueren und die Höchstgeschwindigkeit beim Schwimmen höchstens 5 km/h betrug. Ein weiterer Vorteil bestand in der Transportfähigkeit durch standardmäßige Frachtflugzeuge vom Typ C-130 Hercules oder mithilfe von Transporthubschraubern, wie dem CH-47 Chinook.
Die Plattform wog ca. 15 Tonnen (das genaue Gewicht hing von der Konfiguration ab; die Feuerunterstützungsvariante mit 90-mm-Geschütz wog 14,96 Tonnen) und wurde von einem 275 PS 8,3 Liter 6CTA-Turbocharger-Vielstoffmotor mit Allison MT-643 Sechsganggetriebe angetrieben, was eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf befestigten Straßen und eine Beschleunigung vo 0 auf 32 km/h in ca. 10 Sekunden ermöglichte. Der Motor befand sich vorne rechts, der Fahrer saß links davon. Auf Kundenwunsch konnte der Standardmotor durch einen anderen Antrieb ersetzt werden (wie z.B. dem VT-504 V8 Diesel).
Dank der Kapazität von 302 Liter wurde die maximale Reichweite auf ca. 700 km geschätzt. Die Plattform war je nach Konfiguration für eine Besatzung von 2 oder 3 Mann ausgelegt und konnte weitere 9 Personen transportieren, die das Fahrzeug durch eine Tür im Heck betreten und verlassen konnten.
Die Transportkapazität konnte sich bei Spezialfahrzeugen je nach Umfang der benötigten Spezialausrüstung reduzieren. Das Fahrzeug verfügte über minimalen Basisschutz. Die Wanne bestand aus patentiertem Cadaloy-Stahl und schützte die Soldaten im Wesentlichen nur vor Kleinkaliberwaffen (7,62 mm), Artilleriegranatsplittern und leichtem Maschinengewehrfeuer.
Bei der Variante in Armored Warfare handelt es sich um das Feuerunterstützungsfahrzeug mit einer 90 mm Cockerill Mk.III L/36 (die Kanone kam ebenfalls beim LAV-150 90 zur Verwendung). Die Kanone war bei diesem Modell in einem Zwei-Mann-Turm untergebracht (mit Kommandanten und Richtschützen) und wurde manuell geladen. Das Fahrzeug führte 36 Projektile mit sich. Dank dem breiten Repertoire an einsetzbaren Geschossen (einschließlich APFSDS, HE und HEP) konnte es auch gegen ältere sowjetische Panzer aufnehmen, was die potenziellen Käufer zu jener Zeit anziehen sollte.
Weitere Komponenten und Module, wie Nebelmittelwerfer oder Nachtsichtgeräten für den Fahrer bzw. Schützen, waren rein optional und konnten je nach Kundenwunsch umgesetzt werden. Die Standardausführung des Fahrzeugs schließt folgende Komponenten ein:
- 19 Liter Wasserkanister
- 19 Liter Dieselkanister
- Brandunterdrückungsanlage
- Pionierwerkzeugset
- Verbandkasten, Reparaturset
- Motorbetriebener Luftkompressor
Alle Fahrzeuge wurden mit einer frontal angebrachten Seilwinde versehen, die über 46 m Reichweite und 9000 kg Lastkraft verfügte.
Bei seiner Vorstellung war die U.S.-Armee zunächst an einem Kauf interessiert, wozu es jedoch aus angeblich politischen Gründen nicht gekommen ist. Eine kleine Zahl von V-300 fand offenbar ihren Weg in die Nationalgarde, doch die Mehrheit war für den Export bestimmt.
Einzelheiten zur Produktion des LAV-300 sind nicht belegt und unterscheiden sich je nach Quelle. Sie soll von 1982 bis 1991 in New Orleans (Louisiana) gelaufen sein und einige Fahrzeuge sind in den USA verblieben. Der Großteil jedoch ging in den Export.
- Als erster Abnehmer kaufte Panama im Jahr 1982 24 Einheiten kaufte (darunter den 90 mm Cockerill FSV, den MTW mit zwei 7,62 mm und Bergepanzer-Varianten), die Ende 1983 geliefert wurden
- Im Jahr 1984 gingen 62 Fahrzeuge unterschiedlicher Konfigurationen nach Kuwait (darunter einige 90-mm-Feuerunterstützungsfahrzeuge), von denen die meisten während der irakischen Invasion 1990 zerstört wurden. Die übriggebliebenen Einheiten wurden der irakischen Armee einverleibt
- 24 Fahrzeuge gingen 1993-1994 an die Philippinen und wurden erfolgreich von der philippinischen Marine im Kampf gegen die Islamische Befreiungsfront der Moros eingesetzt (und sind bis heute im Dienst)
- einige Einheiten sollen an Venezuela verkauft worden sein
Die Gesamtzahl der produzierten Fahrzeuge dürfte 200 nicht übersteigen und die Produktion endete 1994. Seit 2000 wird der LAV-300 nicht mehr zum Kauf angeboten.
Bei Armored Warfare ist das Feuerunterstützungsfahrzeug LAV-300 90 mm ein Jagdpanzer des 4. Tiers. Auch wenn ihm die Eleganz der vierrädrigen Vorgänge abgeht, ist es immer noch ein schnelles und wendiges Fahrzeug.