Nicht zu selten tauchen Bilder von angeblich neuen und ungewöhnlichen Panzerfahrzeugen im Internet auf, oft gepostet von aufgeregten Usern, die etwas völlig unbekanntes entdeckt zu haben glauben. Die Realität wirkt da oft enttäuschend.
Ein schwerer IS-Panzer im Cosplay eines KV-2 - von Mosfilm
Auch wenn die Entdeckung neuer Panzerfahrzeuge durch Fotografen durchaus (wenn auch selten) vorkommt, lässt sich der größte Teil dieser „völlig unbekannten Neuheiten“, wenn es sich nicht gerade um weniger bekannte Varianten existierender Fahrzeuge handelt, in zwei Kategorien unterteilen:
- Filmpanzer
- Darstellungsfahrzeuge feindlicher Panzer
Lasst uns einen genaueren Blick auf diese beiden Fahrzeugtypen und ihre wichtigsten „Erkennungsmerkmale“ werfen.
Filmpanzer
Jedes größere Filmprojekt, dessen Handlung in einem modernen Krieg spielt, muss mindestens eine Szene mit einem Panzer (oder wenigstens einem vollbepackten Truppentransporter) beinhalten, der von dem tollkühnen Helden außer Gefecht gesetzt wird. Filmpanzer sind gepanzerte Fahrzeuge (in manchen Fällen auch Lastwagen), die als Requisiten in Filmen eingesetzt werden.
Die Verwendung gepanzerter Fahrzeuge für Filmzwecke reicht zurück bis in den Zweiten Weltkrieg (auch wenn es einige ältere Ausnahmen gab).
Ausschnitt aus dem sowjetischen Film "Befreiung" - man beachte den T-54
Anfangs waren die im Film eingesetzten Panzer reale Kriegs- oder Reservefahrzeuge, die allerdings nur Truppen der Alliierten darstellen konnten (hunderte T-34 und Shermans standen zur freien Verfügung). In den 1950er- und 60er-Jahren sahen sich die Regisseure und Produzenten mit einem großen Problem konfrontiert:
"Wer spielt die bösen Buben?"
Funktionstüchtige deutsche Panzer waren selbst nach dem Krieg eine Seltenheit. So „barbarisch“ es für uns auch klingen mag, aber in der vom Krieg gebeutelten Welt nach 1945 war Metall Mangelware und nahezu alle erbeuteten Panzerfahrzeuge - besonders die kaputten - wurden umgehend verschrottet und beim Wiederaufbau Europas wiederverwertet. Darunter waren auch äußerst seltene Varianten und Prototypen, weshalb man heutzutage sehr wenige deutsche Fahrzeuge aus dieser Zeit bewundern kann.
Die Filmindustrie konnte diesen Mangel auf unterschiedliche Art und Weise kompensieren. In einigen älteren amerikanischen Filmen übernahmen M47 Pattons die Rolle der deutschen Panzer, indem sie übermalt und mit dem Balkenkreuz versehen wurden. Die Filmemacher taten dies in der richtigen Annahme, dass der durchschnittliche Kinobesucher die Panzermodelle eh nicht unterscheiden würde, weshalb ein großes schwarzes Balken- oder Hakenkreuz völlig ausreichte, um die „bösen Jungs“ zu markieren.
Im amerikanischen Film "Patton" wurden deutsche Panzer von... Pattons "gespielt".
Im sowjetischen Kino ging man einen Schritt weiter, was vielleicht daran lag, dass für die Produktion historischer Dramen große Ressourcen zur Verfügung standen. Die kastenförmige Silhouette des Tigers etwa hat sich derart in das kollektive Bewusstsein eingeprägt, dass man nicht umhin kam, sie möglichst getreu wiederzugeben. Die epische sowjetische Filmreihe „Die Befreiung“ zeigte ganze Verbände von Tigern, für deren Darstellung Wannen und Türme regulärer T-34 mit Holzattrappen verkleidet wurden. Trotz des bisweilen dilettantischen Aussehens dieser visuellen Modifikationen ist das Ausmaß der Produktion auch nach heutigen Standards beeindruckend. Die Rolle der deutschen Panzer in späteren Produktionen übernahmen meist T-54-Einheiten, seltener auch Fahrzeuge der IS-Serie.
Eine Replika des tschechoslowakisch-gebauten Tiger -built Tiger, der in verschiedenen Filmen zu sehen war.
In äußerst seltenen Fällen, vor allem im Ostblock, gingen die Filmemacher noch einen Schritt weiter und verwendeten erbeutete deutsche Fahrzeuge, um ein höchstes Maß an Realismus zu erreichen. Zu diesen Projekten gehörte der 1977 entstandene tschechoslowakische Film „Die Befreiung von Prag“, in dem echte Panzer IV die Rolle ihrer historischen Pendants übernahmen! Unmittelbar nach dem Krieg nutzte die tschechoslowakische Armee - wenn auch nur für kurze Zeit - eine Reihe dieser kampwertgesteigerten Fahrzeuge im aktiven Dienst. Sie wurden relativ schnell ausgemustert. Viele gingen anschließend nach Syrien, weshalb es zu der kuriosen Situation kommen konnte, dass deutsche Panzer IV und StuGs zwei Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegen Israel eingesetzt wurden. Einige wenige verblieben noch jahrzehntelang in Reservebeständen der tschechoslowakischen Armee. Der Regisseur der „Befreiung von Prag“ ging bei seinem Projekt so weit, einen der Panzer abzufackeln, um an möglichst realistische Bilder zu gelangen - etwas, was heutzutage undenkbar wäre. Selbstverständlich kam auch dieser Film nicht ohne einen Tiger aus, dessen Rolle auch diesmal ein umgebauter T-34 übernahm, den man bis heute im Lešany-Militärmuseum bewundern kann.
Panzer IV, der während der Schießerei im Film "Die Befreiung von Prag" zerstört wurde.
Das gesteigerten Interesse an gepanzerten Fahrzeugen im Zeitalter des Internets, das vor allem durch Computerspiele geweckt wurde, verlangte nach möglichst realistischen Darstellungen, was in einigen Fällen zu außergewöhnlichen Ergebnissen führte. Als Beispiele seien folgende Filme genannt:
- „Der Soldat James Ryan“, in dem der Tiger (wieder einmal) auf einem T-34/85 basierte, dessen visuelle Modifikationen im Vergleich zu älteren Versuchen außerordentlich gelungen waren und sehr realistisch anmuteten.
- „Der weiße Tiger“, mit einem Porsche-Tiger auf IS-Chassis.
- Herz aus Stahl“, mit einem echten Tiger 131.
„Herz aus Stahl“ ist der ultimative Panzerfilm, bei dem nicht nur historische Shermans zum Einsatz kamen, sondern auch der einzige noch funktionstüchtige Tiger - der legendäre Tiger 131 aus Bovington.
Tiger 131 in Bovington
Fahrzeuge dieser Art zu verwenden ist extrem kostspielig, weshalb die meisten Filmemacher auf Nachbildungen zurückgreifen. So ist der typische Panzer III in zeitgenössischen Filmen meist ein modifizierter britischer MTW des Typs FV432. Der Grund für die vielen Einsätze und Umwandlungen des FV432 liegt in seiner Verfügbarkeit auf den Inseln und seinem relativ erschwinglichen Preis. Die Kopien können leicht an den Laufrollen erkannt werden, da sie normalerweise fünf von ihnen besitzen, statt der sechs Laufrollen des eigentlichen Panzer III.
Panzer III-Replika, auf Grundlage eines FV432-Chassis. Achtet auf die Laufrollen.
In Filmen werden nicht nur Panzer der Kriegsära gezeigt. Manchmal verlangt die Handlung nach einem heimtückischen Angriff sowjetischer Truppen, die wie aus dem Nichts auf amerikanischem Boden auftauchen.
"Panzer" aus dem Film "Die rote Flut", basierend auf dem M8A1-Tractor-Chassis
Die Rolle der sowjetischen Panzer übernehmen dabei meist modifizierte Pattons, auch wenn eine bekannte Ausnahme der T-72 in dem Film „Red Dawn“ darstellt, der auf dem Fahrgestell eines M8A1-Traktors kreiert wurde (dessen Basis wiederum der M41 Walker Bulldog bildet). Sein Bild geistert immer wieder durch einschlägige Panzerforen, wenn sich neue User nach Informationen zu dem vermeintlich unbekannten „sowjetischen“ Panzer erkundigen
Darstellungsfahrzeuge feindlicher Panzer
Zu einer ganz anderen Kategorie gehören Darstellungsfahrzeuge feindlicher Panzer, auch wenn sie mit den Filmpanzern den „verstellenden“ Aspekt gemeinsam haben. Es handelt sich meist um aktiv im Dienst befindliche oder veraltete Fahrzeuge, die visuell angepasst werden, um bei Übungen feindliche Ausrüstung zu repräsentieren.
M551 Sheridan, modifiziert um den sowjetischen T-80-Kampfpanzer zu repräsentieren.
Die Tradition, eigene Fahrzeuge zu Übungszwecken in feindliche Fahrzeuge zu verwandeln, ist sehr lang und lässt sich bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg zurückverfolgen. Im Laufe der Jahre sind so unzählige Fahrzeuge modifiziert worden. Nahezu jede Armee der Welt trainiert ihre Truppen mithilfe darstellender Fahrzeuge, teilweise ist man dabei sehr um Details bemüht und verwendet die entsprechende gegnerische Taktik. Die bekanntesten Vertreter dieses Genres (neben erbeuteten oder gekauften T-54 und T-72) sind die zahlreichen Sheridans, die zur Darstellung russischer KPz umgebaut wurden.
OPFOR SU-100, maskiert als westdeutscher Kanonenjagdpanzer
Die U.S.-Armee hat gegenüber den Russen den Vorteil, im Besitz vieler sowjetischer und russischer Fahrzeuge zu sein, die in den ehemaligen Ostblockstaaten erworben wurden. Viele Fahrzeuge aus alten polnischen und tschechoslowakischen Beständen fanden ihren Weg in die Vereinigten Staaten, wo sie der Armee zu Trainingszwecken dienen.
Centurion, modifizert, um auf westlichen Radars wie ein T-80 auszusehen.
Eine spezielle Untergruppe der Darstellungsfahrzeuge bilden Fahrzeuge, die Radarsignale bestimmter Fahrzeuge imitieren sollen und bei der Ausbildung zukünftiger Radartruppen verwendet werden. Man erkennt sie an den ausgeprägten Formen, die der Silhouette des Originals möglichst getreu entsprechen sollen.
Schlussfolgerung
Angesichts der enormen Entwicklung der Computergrafik und ihrer Anwendung beim Film ist es durchaus möglich, dass Panzer in der Zukunft immer öfter im Rechner generiert werden. Allerdings ist kein virtuelles Modell in der Lage, die Präsenz eines realen Fahrzeugs zu toppen, weshalb wir auch in der Zukunft Filmpanzer zu sehen bekommen werden, sowie verwirrte Internetuser, die sie mit realen Modellen verwechseln. Was die Darstellungsfahrzeuge anbelangt, so werden auch sie weiterhin zum Einsatz kommen, weshalb es nur eine Frage der Zeit ist, wann die Bilder eines amerikanischen Panzers in den einschlägigen Foren auftauchen, der sich als T-14 Armata ausgibt.