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Verschwundene Panzerklassen

Bis zu den heutigen gepanzerten Fahrzeugen war es ein langer Weg, der beinahe 100 Jahre dauerte. Einige Konzepte erwiesen sich als erfolgreich und wurden immer weiter verbessert - so verlief zum Beispiel die Entwicklung des mittelgroßen Panzers, die die Weichen für den heutigen Kampfpanzer stellte.

Bei einer derart schnellen Entwicklung passierten natürlich auch Fehler - ganze Panzerklassen, die schließlich in einer Sackgasse endeten und mit der Zeit völlig verschwanden. Heute werden wir uns einige dieser Fahrzeuge ansehen, die mittlerweile praktisch ausgestorben sind.

Tanketten

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Einer der ersten "blinden Pfade" der Entwicklung war die Tankette. Tanketten waren Mitte der 20er-Jahre in Mode, und in einer bestimmten Zeit waren sie bei so ziemlich allen fortgeschrittenen Armeen der Welt populär. Eine Tankette ist (wie der Name andeutet) eine kleine Panzerversion. Sie ist ein winziges Ein- oder Zwei-Mann-Kettenfahrzeug, oft mit nur einem einzigen Maschinengewehr ausgerüstet. Theoretisch sollten Tanketten für mehrere Zwecke einsetzbar sein, von einem einigermaßen gepanzerten mobilen Maschinengewehr-Träger bis hin zu einem Gefechtspanzer (in Extremfällen). Tanketten waren durchweg sehr schlecht gepanzert und schützten ihre Besatzungen normalerweise nicht mal gegen das Feuer kleiner Waffen, nicht zu sprechen von schweren Maschinengewehren oder Artilleriegeschossen. Ihre Mobilität war je nach Modell schlecht bis durchschnittlich, ihre Einsatzmöglichkeiten fast immer sehr eingeschränkt. Die Tanketten waren leicht angreifbar, im Allgemeinen zu langsam und zu schlecht ausgerüstet, um gute Aufklärungsdienste zu leisten. Auch waren sie nicht ausreichend bewaffnet, um es mit einem ernsthaften Gegner aufnehmen zu können, ohne ihre Besatzungen in Todesgefahr zu bringen. Ihr größter (und meistens einziger) Vorteil war, dass sie extrem günstig waren und in großen Stückzahlen produziert werden konnten. Sie wurden von der britischen Armee, der tschechoslowakischen Armee (der berühmt-berüchtigte Tančík vz. 33), der polnischen Armee (mehrere Konstruktionen) und den Sowjets eingesetzt, obwohl die Franzosen auch ihre Tanketten hatten, und der deutsche Panzer I hatte mehr von einer Tankette, als von einem echten Leichtpanzer. Trotz ihrer Mängel überlebte die Tankette bis in die Frühphase des Kriegs hinein, als man sie weitgehend für überholt hielt und nur noch für Trainingszwecke benutzte, obwohl die Polen es schafften, ihre fortgeschrittenen Tanketten-Modelle mit relativ guten Ergebnissen gegen die deutschen Invasoren einzusetzen.

Räder-Raupenfahrzeuge

saurer

Die Idee hinter den Räder-Raupenfahrzeugen war die: Während Panzer mit ihren Gleisketten hervorragende Geländefähigkeiten hatten, waren sie nicht besonders schnell auf harten Straßen, und die Gleisketten nutzten sich rasch ab, wenn sie ausgiebig auf harten Oberflächen genutzt wurden. Andererseits hatten gepanzerte Fahrzeuge exzellente Straßenfähigkeiten, aber sie konnten im Gelände kaum mit Panzern mithalten. Mehrere Konstrukteure versuchten, dieses Problem zu lösen, und so entstanden in den 20er- und 30er-Jahren zwei Hauptlösungsansätze.

Beim ersten Lösungsansatz hatte ein Fahrzeug zwei Aufhängungen: eine für die Räder und eine für den Kettenantrieb. Wenn die Besatzung die Radaufhängung benutzen wollte, musste sie das Fahrzeug gewöhnlich anheben und es manuell dazu bringen, auf seinen Rädern zu stehen. Danach konnte das Fahrzeug sehr schnell auf den Straßen fahren. Diese Umstellung dauerte zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde und konnte unter Beschuss kaum durchgeführt werden. Außerdem war das System meistens sehr kompliziert, teuer in der Herstellung und schwer zu reparieren, während sein Nutzen begrenzt war. Die meisten Armeen verabschiedeten sich bereits sehr früh von solchen Projekten, obwohl einige Fahrzeuge mit derartiger Aufhängung (wie der Saurer RR-7) während des gesamten Krieges im Einsatz waren.

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Die zweite Lösung hängt eng mit dem Namen von des US-amerikanischen Erfinders John Walter Christie zusammen. Christie konstruierte eine Reihe wenig erfolgreicher Panzer, die eine Haupteigenschaft hatten: Sie waren extrem schnell (üblicherweise auf Kosten der Panzerung und der Bewaffnung). Seine bekannteste Erfindung, ein nach ihm benanntes Laufwerk, fand größtenteils in sowjetischen Panzern (in der BT-Serie und beim T-34) und in einigen frühen britischen Kreuzerpanzern Verwendung. Eines der frühen Merkmale des Christie-Laufwerks - besonders bei den BT-Panzern - war, dass man die Gleisketten abnehmen konnte, damit der Panzer ausschließlich auf seinen Laufrollen fuhr. Derart veränderte Panzer waren sehr schnell, aber diese Lösung war zu kompliziert, und man gab sie zugunsten von Fahrzeugen auf, die nur Gleisketten hatten.

Die meisten Räder-Raupenfahrzeuge verschwanden vor dem Zweiten Weltkrieg oder während seiner Anfangszeit. Zu komplizierte Lösungen hatten in Kriegszeiten noch nie Erfolg, und dieser Fahrzeugtyp ist ein gutes Beispiel dafür.

Überschwere Panzer

maus

Immer, wenn es um diese "Schwergewichte" geht, stellen sich die meisten Menschen gigantische deutsche Monstrositäten wie den Maus-Panzer vor. Die Wahrheit ist aber, dass die meisten fortgeschrittenen Nationen diese Fahrzeugklasse vor dem oder während des Kriegs entwickelten: die Amerikaner mit ihrem T28 GMC, die Deutschen mit der erwähnten Maus, aber auch die Franzosen, die Japaner und die Sowjets. Abgesehen von den Deutschen, deren Entwürfe von Hitlers Größenwahn geprägt waren, fanden die meisten Entwickler schnell heraus, dass eine Massenproduktion solcher Fahrzeuge - trotz ihrer offensichtlichen Kraft - keinen Sinn machte. Zum einen waren überschwere Fahrzeuge extrem teuer und verbrauchten viel Treibstoff. Ihre langsame Geschwindigkeit und ihre Größe machten sie außerdem sehr anfällig gegen Artillerie und Luftangriffe, aber das wohl größte Problem war die Logistik. Selbst die klassischen schweren Panzer waren logistisch problematisch: Ihr Transport an die Front war wegen allgemeiner Eisenbahn-Einschränkungen oft eine Herausforderung. Der Transport überschwerer Panzer war aber praktisch unmöglich: Es gab keine Eisenbahnwaggons, in die sie hineinpassten, es gab keine geeigneten LKW-Anhänger, und es gab - insbesondere in weniger entwickelten Teilen der Front - keine Brücken, die ihr Gewicht tragen konnten. Trotz einiger innovativer Lösungen (wie des dualen Schnorchelsystems der Maus) ist diese Fahrzeugklasse nach dem Krieg verschwunden, weil alle merkten, dass sich der Aufwand einfach nicht lohnte; stattdessen konzentrierte man sich auf die weitaus praktischeren mittelgroßen Panzer.

Schwere Panzer aus der Spätphase des Kriegs und der Nachkriegszeit waren in der gleichen Situation. Den Amerikanern wurde schnell klar, dass die Produktion einer dritten Panzerklasse sich logistisch nicht lohnte; sie bauten in den 1950ern eine begrenzte Stückzahl des M103-Schwerpanzers und hörten danach ganz damit auf, schwere Panzer zu fertigen. Die Sowjets haben etwas länger gebraucht und fuhren damit fort, ihre IS-Panzerserie weiterzuentwickeln und zu modernisieren. Der Höhepunkt dieser Entwicklung war der schwere Panzer T-10, der bis 1966 produziert wurde. Die schnelle Panzerentwicklung und die Tatsache, dass mittelgroße Panzer die gleichen Aufgaben genauso gut bewältigen konnten (dazu noch zu einem niedrigeren Preis), hatten zur Folge, dass die Schwergewichte in Rente geschickt wurden.

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Man könnte einwenden, dass obwohl die Entwicklung schwerer Panzer eingestellt wurde, das Konzept niemals wirklich starb; es verschmolz vielmehr mit dem Konzept des mittelgroßen Panzers, um die Gewichtskategorie des Kampfpanzers zu bilden. Die Kampfpanzer von heute - mit einer Menge an Zusatzausrüstung und explosiver Reaktivpanzerung ausgestattet - erreichen locker das Gewicht der schweren Panzer von früher (60 Tonnen und mehr), und die aktuelle Entwicklung stößt langsam auf die gleichen Probleme wie die Konstrukteure der schweren Panzer (Logistik, sichere Panzerung versus höheres Gewicht). Oft entstehen dadurch interessante und unorthodoxe Lösungen für die Zukunft.

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