Die Geschichte des LAV-105 ist eng verknüpft mit der des LAV-25 und des Stingray, da es sich bei dem Jagdpanzer im Grunde um einen Hybriden aus LAV-25-Wanne und 105-mm-Stingray-Turm, eine in der Tat interessante Kombination.
LAV-105, Quelle - Military-today.com
Die Bezeichnung LAV bzw. Light Armored Vehicle beschreibt ein leichtgewichtiges gepanzertes Kampffahrzeug. Das LAV-Programm startete in den 1970er-Jahren, als das U.S.-Militär eine neue Doktrin ausrief, in deren Zentrum die Aufstellung einer schnellen Eingreiftruppe für Einsätze in Übersee stand (Rapid Deployment Task Force). Der mit der Kontrolle über alle Belange des Militärs vertraute Senatsausschuss (Senate Armed Services Committee) trat 1980 an die U.S. Army und das U.S. Marine Corps mit dem Vorschlag heran, für diese Zwecke ein neues, leichtgewichtiges Kampffahrzeug zu erwerben.
Die Vorgaben waren denkbar einfach formuliert:
- Das Fahrzeug sollte verlässlich sein
- Es sollte kompakt genug für den Transport mit U.S.-amerikanischen Frachtmaschinen sein
- Selbstverständlich sollte es auch über angemessene Mobilität, Leistung und ausreichenden Schutz verfügen
Zu jener Zeit gab es zwar den Bradley, doch die ewigen Verzögerungen und andere Probleme bei der Entwicklung machten ihn zu einem eher chancenlosen Kandidaten (was noch milde ausgedrückt ist). Vertreter beider Waffengattungen gingen auf den Vorschlag ein, woraufhin das Militär im April 1981 mit den Anforderungen an 20 potenziell für den Bau in Frage kommende Konzerne herantrat.
Von diesen 20 kamen nur 3 in die engere Auswahl:
- Alvis Ltd. (Großbritannien)
- Cadillac Gage (USA)
- General Motors (Kanada)
Die drei Konzerne sollten jeweils drei Prototypen einreichen, wobei zu diesem Zeitpunkt keine Vorgaben existierten, ob es sich um Rad- oder um Kettenfahrzeuge handeln sollte. Zwei Prototypen pro Bewerber sollten mit einer 25-mm-Kettenkanone vom Typ M242 Bushmaster, jeweils einer mit einer 90-mm-Cockerill-Kanone ausgerüstet werden und damit die Anpassungsfähigkeit des Modells unter Beweis stellen.
Alvis Ltd. reichte einen Scorpion 90 und zwei Stormer-MTW ein, die mit einer Bushmaster-Kanone aufgewertet wurden und allesamt Kettenfahrzeuge waren. Cadillac Gage brachte zwei 6x6-SPz vom Typ LAV-300 6x6 und einen modifizierten LAV-150 ein. Der Beitrag von General Motors of Canada bestand aus einem modifizierten schweizerischen MOWAG Piranha SPz-Modell (das einzige 8x8-Fahrzeug im Wettbewerb).
Zu diesem Zeitpunkt nutzte Kanada bereits seit mehreren Jahren die Piranha-Plattform (auch wenn es dabei um eine 6x6-Version handelte) mit Erfolg, einige Fahrzeuge stellte man leihweise sogar dem U.S. Marine Corps für Vergleichstests mit dem M113 zur Verfügung. Die anderen Bewerber waren entweder unerprobte Kampfwertsteigerungen oder Fahrzeuge, die in begrenzter Zahl für den Export hergestellt und meist in Länder der Dritten verkauft wurden.
LAV-25
Die Vergleichstests mit allen Bewerbern fanden in Kalifornien und Arizona statt. Am Ende machte der Piranha das Rennen und wurde im September 1982 offiziell zum Sieger erklärt, wobei seine gute Leistung und seine Verlässlichkeit hervorgehoben wurden.
Der Plan sah vor, dass sowohl die U.S. Army, als auch das U.S. Marine Corps mit dem neuen Fahrzeug ausgestattet werden sollten. Die Armeeversion sollte mehr Munition mit sich tragen können, wofür der Truppenraum verkleinert wurde. Sie erhielt die Bezeichnung M1047. Die Marineversion erhielt die Bezeichnung LAV-25 (Light Armored Vehicle plus Kanonenkaliber). Die Armee orderte ca. 2350 Fahrzeuge und die Marines entschieden sich zunächst für 744.
Schon bald stellte sich jedoch heraus, dass das Programm zu ehrgeizig angelegt war. Die Armee zog sich kurz nach Vertragsabschluss aus der Vereinbarung zurück, was mit fehlender Finanzierung begründet wurde. Seitens des U.S. Marine Corps wurde das Programm fortgeführt und man arbeitete an unterschiedlichen Varianten des Fahrzeugs:
- LAV-25 (Basisvariante mit 25 mm Bushmaster; insgesamt 467 produzierte Einheiten)
- LAV-AT (Antipanzer-Variante mit TOW ATGM-Werfer; 96 seit 1987 produzierte Einheiten)
- LAV-L (Frachttransporter; 94 zwischen 1985 und 1986 produzierte Einheiten)
- LAV-R (gepanzertes Bergefahrzeug; 46 zwischen 1986 und 1987 produzierte Einheiten)
- LAV-M (Mörserträger; 50 Ende 1986 produzierte Einheiten)
- LAV-C2 (Kommandofahrzeug; 50 zwischen 1985 und 1987 produzierte Einheiten)
- LAV-AD (Luftabwehrfahrzeug mit rotierender 25-mm-Kanone; bis 1998 17 gelieferte Einheiten)
Der Vertrag wurde unterzeichnet und das U.S. Marine Corps erhielt zwischen 1982 und 1985 die vereinbarten 758 LAV-Fahrzeuge. Laut Jane‘s wurden zwischen 1984 und 2003 insgesamt 880 Fahrzeuge der LAV-Serie für das USMC gebaut (einschließlich des mobilen Störsenders LAV-MEWSS).
Der ursprüngliche LAV-25 wog ca. 12,8 Tonnen und wurde von einem Turbocharger-Dieselmotor vom Typ Detroit 6V53T V-6 mit 275 PS und Automatikgetriebe angetrieben. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 100 km/h auf befestigten Straßen. Das Fahrzeug besaß auf jeder Seite 4 Räder (schlauchlose Michelin 11x16-Run-Flat-Reifen mit zentralem Drucksystem) und war amphibisch. Die letzte Eigenschaft war ein wichtiges Kriterium für die Marines (etwas, was Alvis nicht anbieten konnte), auch wenn das Fahrzeug nicht in der Lage war, bei starken Strömungen und im Meer zu schwimmen.
Der Schutzfaktor des LAV-25 war ziemlich gering. Der geschweißte Stahlturm hielt 7,62-mm-AP-Projektilen und kleinkalibrigen Splittern stand, doch das war das höchste der Gefühle und der Preis für hohe Mobilität, Schwimmfähigkeit und die Eignung für den Lufttransport. Manche Quellen behaupten, die Panzerung wäre in der Lage, AP-Geschossen bis zu 12,7 mm standzuhalten.
LAV-25
Die Besatzung des LAV-25 bestand aus drei Mann (Fahrer, Richtschütze, Kommandant) und konnte bis zu 6 Soldaten transportieren, wobei üblicherweise 4er-Scout-Teams der Marine die Fahrzeuge nutzten. Das Fahrzeug war zwar sehr schnell und agil, eignete sich jedoch nicht für intensive Gefechte, das es nicht viel mehr war, als ein gepanzerter MTW.
Der LAV-25 war ein erfolgreiches Fahrzeug, das an mehreren großen Operationen teilnahm, darunter der Operation Just Cause (der Invasion von Panama), der Operation Desert Storm, der Friedensmission auf dem Balkan und der Invasion des Irak. Im Verlauf der Jahre wurde das Modell mehrfach im Kampfwert gesteigert, doch die Auflistung aller Varianten und deren Kampfeigenschaften würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Wie aber steht es um den LAV-105?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns ins Jahr 1982 zurückversetzen und die ursprünglichen Anforderungen des U.S. Marine Corps in Erinnerung rufen. Damals wurde eine weitere Variante für die Produktion in Betracht gezogen - der LAV-AG (LAV Assault Gun). Es sollte ein Feuerunterstützungsfahrzeug auf LAV-25-Basis werden, dessen Bewaffnung aus einer Großkaliberkanone bestehen sollte.
Das Problem bei einem derart leichten Fahrzeug stellte, wie erwartet, der Rückstoß der Kanone dar. Ein halbes Jahrzehnt lang wurden unterschiedliche Geschütze getestet (darunter die 105 mm M68, die 90 mm Cockerill und die 75 mm Ares XM274), doch das Problem konnte nicht zufriedenstellend gelöst werden. Das Fuhrwerk hielt dem Druck einfach nicht stand. Der Durchbruch kam erst 1990, als Cadillac Gage Textron eine Lösung präsentierte – den Prototyp der 105-mm-Zugrohrkanone L/52 XM35 mit reduziertem Rückstoß, die mit einer abgespeckten Variante des Stingray-Turms kombiniert wurde.
LAV with 75mm ARES, Quelle - Warwheels.net
Der Schutz des Turms war mit dem der Wanne vergleichbar - die Seiten und das Heck schützten die Besatzung vor 7,62-AP-Projektilen und kleinkalibrigen Artilleriesplittern, während die Front 12,7-mm-AP-Treffern standhielt. Der Turm bestand aus Stahl, allerdings mit einer anderen Zusammensetzung, weil das Cadloy-Stahl der Wanne ein geschütztes Produkt von Cadillac Cage war.
Die Kanone lud automatisch und machte den Einsatz eines zusätzlichen Besatzungsmitglieds überflüssig, wie sie in anderen LAV-Modellen vonnöten war. Sie konnte auf +15 Grad angehoben und auf -8 Grad gesenkt werden. Desweiteren war sie komplett stabilisiert, weshalb das Fahrzeug sehr präzise während der Fahrt feuern konnte. Kanone und Turm wurden elektrisch bewegt, was die Probleme mit der leicht brennenden Hydraulikflüssigkeit der frühen amerikanischen Fahrzeuge behob und die Überlebenschancen der Besatzung erheblich erhöhte.
Die Kanone verschoss 105-mm-NATO-Munition mit einer Feuerrate von 8 Schuss pro Minute bei 8 Schuss im Magazin des Autoladers. Das Fahrzeug fasste insgesamt 30 Projektile (einschließlich jener im Magazin).
Die Mobilität ähnelte der des LAV-25, auch wenn das Fahrzeug mit 16 Tonnen schwerer war und sich damit nicht für den Transport mit den Frachthubschraubern des USMC eignete. Es ist höchst wahrscheinlich, dass dieses Modell auch seine Schwimmfähigkeit einbüßte, auch wenn dafür keine eindeutigen Beweise vorliegen.
LAV-105, Quelle - Military-today.com
Drei LAV-105-Prototypen wurden gebaut und im Mai 1992 getestet. Sie machten zwar allesamt eine gute Figur und erfüllten alle Anforderungen für Präzision beim Feuern (besonders in Bewegung), wurden jedoch nicht für den Dienst akzeptiert.
Dafür sind teilweise die Einschnitte beim Militärbudget der 1990er-Jahre verantwortlich zu machen. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden viele Militärprogramme eingestellt (darunter einige durchaus vielversprechende) und man beschränkte sich auf Kampfwertsteigerungen bewährter Modelle.
Ein anderes Problem lag in der Konstruktion selbst. Erst später fand man heraus, dass sich auch die rückstoßarme XM35 negativ auf die Stahlkonstruktion und Federung auswirkte, was zu sehr hohen Wartungskosten geführt hätte.
Diese Probleme hatten zur Folge, dass weder der LAV-105, noch eine andere LAV-AG-Variante in den Militärdienst akzeptiert und das Programm in der Mitte der 1990er-Jahre eingestellt wurde.
Bei Armored Warfare wird der LAV-105 ein hochrangiges Nicht-Fortschrittsfahrzeug sein.
Wir hoffen, dass es euch gefallen wird und wir sehen uns auf dem Schlachtfeld!