Seit den Tagen des Vietnamkriegs bis in die Mitte der 1990er-Jahre hinein war der Standard-Leichtpanzer der US-Armee der M551 Sheridan. Es war nicht gerade ein Vorzeigemodell und kann wegen seiner anfangs gar gefährlichen Kanone und der hauchdünnen Panzerung eher als mittelmäßig beschrieben werden. Weitere Informationen zum Sheridan findet ihr in den folgenden Artikeln:
- Die Geschichte des Sheridan: Teil 1
- Die Geschichte des Sheridan: Teil 2
- Die Geschichte des Sheridan: Teil 3
Angesicht der fragwürdigen Bilanz des Sheridan in Vietnam wundert es kaum, dass die U.S. Army schon bald damit begann, nach einem geeigneten Ersatz Ausschau zu halten.
Die Probleme des Sheridan sah man dabei zu keinem Zeitpunkt als symptomatisch für diese Klasse von Fahrzeugen an. Leichtpanzer hatten nach der damaligen amerikanischen Militärdoktrin noch ihren festen Platz auf dem Schlachtfeld, aber nicht etwa, weil jeder darauf aus war, in einer Blechdose herumzufahren, die keinen wirklichen Schutz bot, sondern weil die Entwicklung neuer Projektiltypen Panzerung generell überflüssig erscheinen ließ – die schwer gepanzerte Patton-Serie hatte keine Chance gegen moderne sowjetische Waffen (was durch die massiven Verluste der israelischen Patton-Flotte während des Jom-Kippur-Krieges von 1973 bewiesen wurde), warum also nicht ganz auf ausgeklügelte Panzerung verzichten und auf Geschwindigkeit setzen?
Statt also die Leichtpanzer ganz abzuschreiben, begannen die amerikanischen Panzerentwickler darüber nachzudenken, wie sie die Klasse verbessern könnten. Die für die Entwicklung modernster Militärtechnik verantwortliche Agentur DARPA (Defensive Advanced Research Projects Agency) wurde Anfang 1975 mit der Entwicklung einer hochleistungsfähigen Testplattform beauftragt, die für leichte bis mittelschwere Panzer zwischen 25 und 40 Tonnen geeignet sein würde. Die Forschung konzentrierte sich auf folgende Elemente:
- Modernste hydropneumatische Federung für erhöhte Geländetauglichkeit und größere Stabilität
- Präzise und schnellfeuernde Maschinenkanone mit sehr hoher Geschwindigkeit
- Fortgeschrittene Stabilisierung, die dem Fahrzeug auch im schwierigen Gelände präzises Feuern in Bewegung ermöglichen würde
Die Entwicklung begann offiziell im März 1976 unter der Bezeichnung HIMAG (High Mobility Agility).
Zunächst wurde die Wanne und die Federung entwickelt. Der Antrieb bestand aus einem Continental AVCR-1360 Dieselmotor, der auf 1500 PS aufgemotzt werden konnte und gepaart wurde mit einem Allison X-1100-1H Getriebe und der hydropneumatischen Federung, mit der das Fahrzeug nach vorn, nach hinten und zu den Seiten geneigt werden konnte.
Anschließend folgte das Waffensystem. Als Hauptwaffe wurde die brandneue, hyperschnelle 75-mm-Glattrohrkanone MC-AAAC gewählt, die in der Lage war, extrem potente APFSDS-Projektile zu verschießen.
HIMAG
Im Jahr 1977 einigte sich die U.S. Army (TACOM – Tank Automotive Command) und die U.S. Marines (ACTV-Programm) auf das DARPA-Modell, allerdings zeigten sich schon bald erste Probleme. Zu Beginn der Testläufe im Jahr 1978 brachte die Federung eine gute Leistung an den Tag, während die Kanone aufgrund des Präzisionsverlustes nach dem ersten Schuss weniger gut abschnitt. Auch der Lademechanismus musste zu einem ziemlich komplexen automatischen Mechanismus umgearbeitet werden, mit dem das Fahrzeug 60 75-mm-Projektile pro Sekunde verschießen konnte.
Der Turm mit der 75-mm-Kanone wurde von den beiden Besatzungsmitgliedern bedient (Richtschütze und Kommandant), die in einem Korb darunter saßen und von der Wannenpanzerung vor Bedrohungen geschützt wurden. Dieses aufgewertete Modell wurde zwischen März 1980 und März 1981 in Yuma und Fort Knox getestet, um anschließend auseinander gebaut zu werden und die Teile bei anderen Projekten einzusetzen. Die Tests zeigten, kurz gesagt, dass:
- Die hydropneumatische Federung eine gute Leitung an den Tag brachte
- Die 75-mm-Kanone nicht gut abschnitt
Die Präzision des Geschützes stellte ein durchgehendes Problem dar. Die Präzision des ersten Schusses war mit der des 105-mm-Geschützes M68 vergleichbar, allerdings führten weitere Schüsse zu einem Präzisionsverlust, der die Installation eines Mündungskontrollsystems zu einem absoluten Muss machte. Das neue, komplexere Ladesystem hatte an dem Präzisionsverlust kaum etwas geändert.
In der Zwischenzeit suchten die Marines nach einer eigenen Lösung für ein leichtgewichtiges Kampffahrzeug. Das ACTV-Programm stellte daraufhin ein Tesfahrzeug namens HSTV-L vor (High-Survivability Test Vehicle – Lightweight). Es basierte lose auf dem HIMAG-Programm, im Gegensatz zu dem HIMAG-Testfahrzeug wurden jedoch zwei Privatfirmen mit dessen Entwicklung betraut zwei Privatfirmen mit dessen Entwicklung betraut:
- Die AAI Corporation
- und die Pacific Car and Foundry Company
Die Vorschläge wurden im Juli 1977 eingereicht.
Der AAI-Vorschlag war ziemlich innovativ, verfügte allerdings über einen Standardturm mit der bereits erwähnten 75-mm-Kanone (wird heute als Ares bezeichnet). Der Geschützturm hatte ein niedriges Profil, der den Umfang des Fahrzeugs reduziert. Interessant an dem Modell war die Verteilung der Drei-Mann-Besatzung. Während der Kommandant allein im Turm saß, befanden sich die Plätze des Fahrers und des Richtschützen in der Wanne, von wo auch das Geschütz kontrolliert wurde. Die sekundäre Bewaffnung bestand aus zwei Maschinengewehren und das Fahrzeug sollte von einem Gasturbinenmotor des Typs Lycoming 800 angetrieben werden.
AAI HSVT-L
Ganz anders gestaltete sich der Vorschlag von PCF. Statt eines Standardturms sollte dieses Fahrzeug mit einem hydraulischen System ausgerüstet werden, das die Kanone bewegen sollte. Die sekundäre Bewaffnung sollte aus einer 25-mm-Bushmaster-Maschinenkanone, einem Maschinengewehr und einem 40-mm-Granatwerfer bestehen. Die Vorrichtung sollte von einem Detroit Dieselmotor angetrieben werden.
Nach der Prüfung des PCF-Vorschlags und der damit verbundenen Einsicht, dass die Verbreitung von LSD in Militärkreisen keinen guten Einfluss auf die Entwicklung neuer Waffen hatte, entschied sich das Komitee für das AAI-Modell, wenn auch unter der Voraussetzung, dass kleinere Modifikationen durchgeführt würden. Ein Prototyp wurde gebaut und getestet, bei dem die Entwickler viele nützliche Lektionen lernten, die ihnen bei späteren Projekten behilflich sein würden.
Die Pacific Car and Foundry Company ließ sich ebenfalls nicht beirren und machte Werbung für ihr Turmdesign, was schließlich 1982 zu einem Vertrag für die Entwicklung eines Demonstrators auf Basis einer Sheridan-Wanne führte. Der Prototyp mit der Bezeichnung ELKE (Elevated Kinetic Energy) wurde tatsächlich gebaut und in Yuma getestet. Wie bereits zuvor führte das Programm zu keinen konkreten Ergebnissen und diente allein als Demonstration für das Hebeturmprinzip, das allerdings nur als unterhaltsam bezeichnet werden konnte (ob dies auch die Steuerzahler so sahen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen).
ELKE
Bei AAI wiederum führten die bei der Entwicklung des HSTV-L-Prototyps gewonnenen Erkenntnisse zur Erschaffung eines neuen Leichtpanzer-Prototyps im Jahr 1980. Dieses Fahrzeug erhielt den Namen Rapid Deployment Force Light Tank, kurz RDF/LT.
AAI entwickelte diesen Panzer in der Hoffnung auf eine weitere Beteiligung an dem AVCT-Programm der U.S. Marine. Die Marines benötigten etwas schnelles mit viel Feuerkraft, was gleichzeitig leicht sein musste und mit dem CH-53-Hubschrauber transportiert werden konnte. Das hatte nicht nur eine Größenbegrenzung zur Folge, sondern auch ein Gewichtslimit von maximal 16 Tonnen.
Der von AAI produzierte Prototyp wurde wieder einmal mit der 75-mm-Ares-Kanone ausgestattet (deren jetzige Bezeichnung XM274 lautete). Das Geschütz war immer noch so imposant, wie in den ersten Stufen der Entwicklung. Es wurde automatisch geladen und die Feuerrate der Kanone betrug 60 Schuss pro Minute. Es war außerdem voll stabilisiert und konnte auf +40 Grad erhoben werden. Die Kanone wurde von einem Richtschützen bedient, der neben dem Fahrer in der Wanne saß, während der Kommandant weiter hinten im Turmkorb saß. Auch eine zweite, unbemannte Turmvariante existierte, die die Besatzung auf zwei Mann reduzierte und bei der das Geschütz praktisch extren angebracht war. Die dritte Turmvariante verfügte über acht Flugabwehrraketen.
Um das Gewicht niedrig zu halten wurde das Fahrzeug komplett aus Aluminium gebaut. Das erlaubte die Einhaltung der Gewichtsbegrenzung auf ein Kampfgewicht von 14,8 Tonnen und stellte sicher, dass die Maschine größeren Bedrohungen standhalten konnte, als bösen Blicken und wütenden Fäusten, auch dank der hochgradig angewinkelten Front.
Anders als der HSTV-L wurde der RDF/LT von einem konventionellen Detroit Diesel 6V53T Turbodieselmotor mit Allison-X-200-Getriebe angetrieben. Auch die Federung wurde geändert, statt des hydropneumatischen Systems setzte man auf Torsionsstäbe.
Das Fahrzeug konnte mit einer Reihe amerikanischer Frachtflugzeuge transportiert werden, angefangen vom C-130 Hercules (1 Panzer) über den C-141 Starlifter (2 Panzer) bis zu dem massiven C-5 Galaxy (ganze 8 Panzer). Alles in allem war es ein sehr solides Projekt.
Das Problem mit der XM274-Kanone allerdings bestand darin, dass sie (wie der Name schon andeutet) experimenteller Natur war. Um das Fahrzeug früher in den Dienst zu stellen und auch den amerikanischen Alliierten verfügbar zu machen, ersetzte AAI die 75-mm-XM274 mit der älteren und erprobten 76-mm-M32, die bereits beim M41 Walker Bulldog verwendet wurde. Das Geschütz selbst war zwar ziemlich veraltet, aber die Ingenieure von AAI hauchten ihm in der Form neuer 76-mm-APFSDS-Projektile neues Leben ein. Diese waren mächtiger, als allgemein angenommen, und hatten eine bedeutend höhere Chance, einen durchschnittlichen sowjetischen Panzer außer Gefecht zu setzen, als die damals standardmäßig verwendeten 105-mm-HEAT-Geschosse.
Ungeachtet dieser Qualitäten entschieden sich die Marines gegen dieses Projekt, was das Ende des RDF/LT markierte. Das Ende der 1970er-Jahre war keine gute Zeit für experimentelle Projekte, weil die Finanzierung im Nachklang des Vietnamkriegs auf ein Minimum reduziert worden war. Die Marines wandten sich den Radfahrzeugen LAV und HMMWV zu und beließen den RDF/LT im Prototypstadium. Das Projekt wurde 1985 offiziell eingestellt.
Die AAI Corporation erholte sich von diesem Rückschlag und entwickelte weiterhin modernste Waffentechnik in Form von Kleinkaliberwaffen und Drohnen. Im Jahr 2007, mehr als 100 Jahre nach ihrer Gründung, wurde sie Teil des Textron-Konzerns und existiert in dieser Form bis heute, auch wenn sie 2014 in de facto drei unterschiedliche Unterabteilungen aufgeteilt wurde.
Bei Armored Warfare ist der RDF/LT ein Tier-6-Leichtpanzer. Er wurde ursprünglich als Teil einer Sammleredition angeboten und ist jetzt auch als Teil der Claw-Fahrzeugedition mit einzigartiger Tarnung und hochrangiger Besatzung erhältlich. Die im Spiel verwendete Variante ist das Modell mit 76-mm-M32-Kanone, das seinerzeit der Serienproduktion am Nächsten gekommen war. Sein Geschütz ist ziemlich präzise, feuert schnell und hat eine hohe Durchschlagskraft, was jedoch durch den relativ geringen Schadenswert pro Schuss relativiert wird. Das Fahrzeug ist ziemlich schnell und beschleunigt gut, auch wenn es nicht so wendig ist, wie andere Leichtpanzer seines Tiers.
Wir hoffen, dass es euch gefällt und sehen uns auf dem Schlachtfeld!