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Vorhang auf für die Drachen

Wenn von den mächtigsten Militärnationen der Welt die Rede ist, darf eine asiatische Supermacht natürlich nicht fehlen - die Volksrepublik China. Die chinesische Armee verfügt über abertausende gepanzerte Fahrzeuge und gehört damit zu den am Besten ausgerüsteten Streitverbänden. Das ist allerdings nicht immer so gewesen.

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Die Geschichte der chinesischen Panzerfahrzeuge begann vor dem Zweiten Weltkrieg in der Ära der Republik China, als die ersten gepanzerten Fahrzeuge in der Region auftauchten. Es sind überwiegend leichte und veraltete Fahrzeuge gewesen, von denen es einige bis nach China schafften.  Es war die Zeit der chinesischen Warlords, die jeweils ein Gebiet des Landes kontrollierten und eigene Armeen unterhielten - inklusive Panzertruppen.

Unter den ersten Panzern, die ihren Weg 1927 nach China fanden, sind französische Renault FT Leichtpanzer aus dem Ersten Weltkrieg gewesen, die von dem mächtigen Warlord Zhang Zuolin für den Kampf gegen chinesische Nationalisten erworben wurden (die schon bald darauf ihre eigenen Leichtpanzer rekrutierten). Kaum endete 1928 die Ära der Kriegsherren, da wappnete sich China für einen Kriegskonflikt mit Japan und modernisierte dabei seine Panzertruppen. Das Modernisierungsprogramm umfasste den Kauf zahlreicher leichter Kettenfahrzeuge europäischer Herstellung - der italienischen CV-Serie, des Panzer I sowie britischer Carden-Lloyd-Tanketten (hier hauptsächlich den 6-Tonnen-Vickers, den vielleicht wichtigsten Panzer der Zwischenkriegszeit). Während die meisten dieser mit Maschinengewehren bewaffneten, leicht gepanzerten Fahrzeuge in Europa bereits als überholt galten, waren sie perfekt für chinesische Kriegsschauplätze geeignet, wo der Gegner meist aus schlecht bewaffneter Infanterie bestand. Die Situation der Japaner im Zweiten Weltkrieg gestaltete sich ähnlich, ihre leicht gepanzerten Einheiten genügten im Kampf gegen die Chinesen, versagten jedoch bei der Konfrontation mit amerikanischen oder sowjetischen Fahrzeugen.

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Die erworbenen Leichtpanzer wurden im Zweiten Weltkrieg zusammen mit einer breiten Auswahl anderer Panzer (von gekauften sowjetischen BT-Modellen über amerikanische Stuarts nach Leih- und Pachtvertrag bis hin zu eroberten japanischen Fahrzeugen) zum Kampf gegen Japan eingesetzt, ebenso im darauf folgenden Bürgerkrieg, der um die Abspaltung Taiwans und der Errichtung der dortigen Republik entbrannte. Der Bürgerkrieg brachte zwar einige interessante Modifikationen der eingesetzten Fahrzeuge mit sich (wie den Jagdpanzer M10 mit einer 105-mm-Haubitze für Feuerunterstützung), der Beginn einer ernstzunehmenden heimischen Produktion muss jedoch erst Ende der 1950er Jahre angesetzt werden.

Die Streitkräfte des kommunistischen China wurden massiv von der Sowjetunion aufgerüstet, darunter mit T-34-Panzern, die eine entscheidende Rolle im Koreakrieg spielten, als Tausende chinesischer „Freiwilliger“ sich nach Korea aufmachten, um die UN-Truppen zu bekämpfen. Der T-34 wurde unter der Bezeichnung Type 58 zum ersten serienmäßig in China produzierten mittleren Panzer. Der seinerzeit effektiv ausgestattete T-34/85 konnte mit der Entwicklung westlicher Panzer allerdings nicht mithalten, woraufhin beschlossen wurde, das alternde Modell zu ersetzen.

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Der Nachfolger des mittleren Panzers hieß Type 59. Es ist weitgehend eine Kopie des frühen T-54A gewesen, bei der einige ausgefeilte Komponenten fehlten oder für chinesische Verhältnisse simpler gestaltet worden sind. Pläne und Lizenz für den Bau des Fahrzeugs wurden kurz nach der Unterzeichnung des chinesisch-sowjetischen Friedensvertrags 1950 den Chinesen übergeben. Das Fahrzeug trat seinen Dienst im Jahre 1959 an (daher die Typenbezeichnung 59). Seine Hauptmerkmale sind die dicke gewinkelte Panzerung, ein ausdauernder Geschützturm und eine 100 mm-Kanone (Kopie der allgegenwärtigen sowjetischen D-10T) gewesen.

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Der Type 59 und seine Varianten standen dreißig Jahre lang im Dienste der Armee, wobei das letzte Fahrzeug 1985 vom Laufband ging. Bei Armored Warfare wird der Type 59 ein Tier-3-KPz sein und auf den Tier-2-Leichtpanzer Type 62 folgen. Das Modell Type 62 ist im wesentlichen eine kleinere, leichtere Version des Type 59 gewesen und dazu bestimmt, im chinesischen Bergland zu operieren, wo schwere Fahrzeuge versagen würden. Im Gegensatz zum Type 59 war der Type 62 mit einer gezogenen 85-mm-Kanone bewaffnet und allgemein von geringerer Stärke und Ausdauer. Gleichzeitig war das Modell sehr effektiv, da es in Gebiete vordringen konnte, die anderen Panzern verwehrt blieben. Der Type 59 wurde im Laufe der Zeit mit einer gezogenen 105-mm-Kanone ausgerüstet (die entweder schwer von der Royal Ordnance L7 inspiriert, oder ihre direkte Kopie gewesen ist). Es lohnt zu wissen, dass von dem Type 59 um die zehntausend Stück gebaut wurden - das Modell wurde erfolgreich exportiert und kämpfte unter anderem im Iran-Irak-Krieg und im Golfkrieg. scrx

Auch wenn die 105-mm-Kanone im Vergleich zum alten 100-mm-Modell eine erhebliche Verbesserung darstellte, kopierten die chinesischen Ingenieure fleißig weiter. Im Verlauf eines Grenzkonflikts mit der Sowjetunion gelang es den Chinesen 1969, einen unbeschädigten, modernen T-62 zu kapern. Das Fahrzeug bestach durch technische Neuerungen und innovative Ingenieurkunst, die daraufhin bei der Modernisierung des Type 59 zum Einsatz kamen und im Type 69 resultierten, der im Vergleich zum Vorgänger auch einen kräftigeren Motor besaß. Obwohl der Panzer bei den Chinesen selbst nicht sonderlich beliebt war, ist er mit weltweit 2000 verkauften Exemplaren ein sehr erfolgreiches Exportfahrzeug gewesen. Währen des Tauwetters der 1980er-Jahre (und der damit verbundenen chinesisch-amerikanischen Annäherung) wurde das Fahrzeug mit westlichen Komponenten weiterentwickelt, darunter mit der bereits erwähnten 105-mm-Kanone und einem neuen Feuerkontrollsystem, was zur Entwicklung des Type 79 führte.

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Die Chinesen standen den technischen Neuerungen der westlichen Welt und Russlands in den 1980er-Jahren nicht gleichgültig gegenüber und begannen ihrerseits, ihre Kampfpanzerflotte zu modernisieren. Das Ergebnis des Verbesserungsprogramms ist der Type 80 gewesen und stellte Chinas ersten KPz der zweiten Generation dar. Es handelte sich zwar unverkennbar um einen weitreichend modernisierten Type 79 (der wiederum eine modernisierte Version des Type 59 gewesen ist), aber das neue Modell besaß einige fortschrittliche Komponenten, wie die gezogene 105-mm-Kanone Type 88, die NATO-Geschosse abfeuern konnte, ein modernes Feuerkontrollsystem und einen neuen 730-PS-Motor. Es ist kein schlechtes Fahrzeug gewesen und wurde hundertfach gebaut.

Type 80

Als Alternativmodell für einen chinesischen KPz der zweiten Generation fungierte der 1988 von NORINCO präsentierte Type 85, der ursprünglich als Exportfahrzeug für den Pakistan entworfen wurde. Es ist eine verbesserte Version des Type 80 gewesen und wurde zum Zeitpunkt seiner Präsentation als effektiv eingestuft - bis zum Ausbruch des Golfkriegs. Bilder von T-72-Panzern, die den chinesischen Fahrzeugen generell überlegen waren und von amerikanischen Projektilen zerfetzt wurden, schockierte die Chinesen immens - immerhin wurde dort eine der besten Armeen der Region zermalmt, wie würde es verglichen dazu den chinesischen Panzern ergehen? Während die chinesischen Panzer in Wirklichkeit nicht allzu schlecht dastanden, wie es die Statistik vermuten ließ, begann eine wilde Aufholjagd in Sachen Panzerung. Die Chinesen erwarben einen oder mehrere T-72 und integrierten Elemente dieses Panzers in ihren eigenen Modellen.  Die verbesserte T-85-III-Variante besaß einen vom T-72 abgeleiteten Autolader, sowie eine 125 mm Glattrohrkanone aus heimischer Produktion (die ebenfalls in großem Maße von der russischen 2A46 „inspiriert“ war). Auch ein optimierter Schutz durch zusätzliche Panzerung und ein ERA-Set wurde eingeführt, ebenso ein modernes Feuerkontrollsystem.  Diese Variante wurde in den Pakistan exportiert und die älteren pakistanischen T-85-II wurden auf den IIIer-Standard gebracht.

Type 85

Ein weiteres Alternativmodell eines chinesischen Panzers der zweiten Generation ist der von Werk 617 entwickelte Type 88 gewesen - wie die beiden oben genannten Fahrzeuge kombinierte er die Wanne des älteren Type 80 mit modernen (meist westlichen) Komponenten (wie der 105 mm-Kanone, die im Weiteren auf 125 mm verbessert wurde). Einige Einheiten der verbesserten Type-88-Variante sind bis heute bei den chinesischen Streitkräften im Einsatz.

Zur selben Zeit begann die Arbeit an einem der ersten chinesischen Kampfpanzer der dritten Generation. Der Type 85 wurde in seiner stark modifizierten Fassung als Type 90 zum ersten chinesischen Panzer mit modularer Panzerung. Das chinesische Militär war an diesem Fahrzeug nicht interessiert, man bot es stattdessen dem Pakistan an, wo es zum KPz Al Khalid wurde.

Type 90

Ein weiteres Upgrade ist der 1996 vorgestellte Type 85-III gewesen. Auch er war mit modularer Panzerung ausgestattet und integrierte alle bei der Entwicklung des Type 90 gemachten Erfahrungen. Er besaß einen modernen 1000-PS-Motor und einen neuen, geschweißten Turm nach westlichem Vorbild. Er trat 1997 unter dem Namen Type 96 seinen Dienst an und wurde zum Standard-KPz der chinesischen Armee, von dem über 2000 Stück produziert worden sind.

Die chinesische Panzerentwicklung wurde mit dem Type-98-KPz fortgeführt. Dieser 1999 bei einer Militärparade in Peking präsentierte Panzer unterscheidet sich wesentlich von seinen Vorgängern. Er erinnert an den T-72, allerdings mit geschweißtem Turm. Die Hauptbewaffnung besteht aus einer voll stabilisierten 125 mm Glattrohrkanone. Rund ein Dutzend dieser Fahrzeuge wurde gebaut, bevor man im Jahre 2000 einen neue Variante vorstellte, die mit einem ERA-Set, einem kräftigeren Motor, einem Thermalsichtgerät und einem modernen Feuerkontrollsystem ausgestattet war. Diese neue Variante bekam die Bezeichnung Type 99, wurde bis heute in einer Stückzahl von 600 gebaut und ist aktuell der beste Panzer im chinesischen Dienst - dieser fortschrittliche (und sehr teure) KPz steht wahrscheinlich den Elitetruppen zur Verfügung, während der ältere Type 96 den Standarddienst versieht. Mit seinen 1500 PS auf 54 Tonnen ist es ein sehr agiles Fahrzeug, dazu gut gepanzert - die verbesserte Version (Type 99A) besitzt ein neuartiges ERA-Paket, das an das russische „Relikt“-System erinnert. Bei Armored Warfare wird der Type 98 ein Tier-8-Fahrzeug sein, während der Type 99A2 Tier 9 belegen wird.

Type 98

Die Krönung der aktuellen chinesischen Panzerentwicklung scheint der Export-KPz 3000 zu sein (auch bekannt als VT-4).  Dieses 52-Tonnen-Fahrzeug soll chinesischen Quellen zufolge der beste Export-KPz auf dem Markt sein, auch wenn diese Angaben schwer zu prüfen sind, weil Informationen über diesen Panzer der Geheimhaltung unterliegen. Anfang 2015 sorgten Vertreter der chinesischen Armee mit ihrer Behauptung für Aufruhr, der 3000er wäre dem T-14 Armata R überlegen - ob solche Aussagen stimmen, oder nur für Aufmerksamkeit sorgen sollen, ist momentan nicht zu verifizieren.

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