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Interview: Karolis Dzevecka und Evgeny Badylkin

Kommandanten!

Heute stellen wir euch ein Interview mit zwei Schlüsselfiguren des Entwicklerteams von Armored Warfare vor – dem Kopf des 3D-Fahrzeug-Teams Karolis Dzevecka und dem Lead 3D Artist Evgeny Badylkin. Die beiden versorgen euch mit dem, worauf es in diesem Spiel am meisten ankommt – mit neuen Fahrzeugen!

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Lasst uns über die diversen Skins reden. Seid ihr wirklich diejenigen, die darüber entscheiden, welche Skins entwickelt werden oder macht ihr, was man euch sagt?

Karolis: Das kommt darauf an. Das Modellteam erfüllt eigentlich nur Aufgaben. Die Entscheidung fällt entweder der Artdirector oder die Producer. Wenn ein Event ansteht, das sich auf ein Ereignis im wirklichen Leben bezieht, so wie beim kommenden Desert Storm Raid, dann kreieren wir auch mal die passenden Skins. Wenn es kein spezifisches Thema gibt, machen wir die Dinge so, wie wir es für richtig halten und überlassen den Rest der Fantasie unseres Artdirectors. In letzter Zeit konzentrieren wir uns auf historische Skins, was ziemlich gut ankommt.

Bevorzugt ihr persönlich eher Fantasieskins oder realistischere Modelle?

Karolis: Das ist eine schwierige Frage. Ich persönlich habe da keine Vorliebe. Es gibt auf jeden Fall Bedarf für beide. Das ist wirklich wahr, egal, was du gehört haben magst – einige Spieler mögen Extravagantes, wie den Kraken-Skin, während andere eher auf historische Skins stehen. Das Problem mit historischen Skins ist, dass sie alle ziemlich ähnlich aussehen. Da gibt‘s dann ein Tarnmuster oder eine einheitliche Lackierung, einige Markierungen und jede Menge Taschen und anderes Zeug. Dabei sind bereits jede Menge Tarnungen und Embleme im Spiel und einige Panzer sind von sich aus mit Taschen und Tarnnetzen ausgestattet. Anders gesagt kann sich ein Spieler, der ein historisch adäquates Fahrzeug fahren möchte, dieses anhand der bereits im Spiel befindlichen Optionen einrichten. Dasselbe kann nicht von dem Kraken-Skin behauptet werden. Bei historischen Skins kommt es auf die Details an, aber solche Details sind vielleicht nicht für alle Spieler offensichtlich.

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Nehmen wir zum Beispiel den kürzlich ins Spiel gebrachten USMC-Skin für den M60A1. Dazu haben wir einige Rückmeldungen aus der russischen Community erhalten, wonach wir einfach nur faul wären und dem Panzer einen ockerfarbenen Anstrich und ein paar Embleme an der Seite verpasst hätten. Da dachten wir, soll das etwa ein Witz sein? Mein ihr das ernst, Leute? Allein die Liste der Änderungen umfasste 18 Seiten, neben den offensichtlichen Anpassungen der ERA-Geometrie waren das zusätzliche Boxen, Kabel, Halterungen für Wasserkanister und Zusatztanks, Taschen, ein Ersatzrad, passende Beschriftungen, Altersspuren und so weiter und so fort. Darüber hinaus wollten wir noch einen Minenpflug hinzufügen, dafür blieb jedoch keine Zeit. Wenn das kein detaillierter und historisch genauer Skin ist, dann weiß ich auch nicht weiter. Und was die Fantasy-Skins anbelangt, so darf man nicht vergessen, dass das Spiel in der Zukunft angesiedelt ist. Es ist ja nicht etwa so, dass man im Einsatz einer regulären Armee steht. Daher ist alles möglich.

Evgeny: Dazu möchte ich noch hinzufügen, dass es viel interessanter und anspruchsvoller ist, einen Fantasy-Skin zu erschaffen. Man muss dabei komplexe künstlerische und technische Probleme lösen, die bei jedem Skin anders sind. Für Kraken mussten wir die Tentakel animieren und für den Mumien-Skin den Todesstrahl-Effekt kreieren, der nicht etwa zufällig aktiviert wird, sondern jedes mal, wenn ein Gegner erspäht wird. Außerdem kann ich mich an Engelsflügel erinnern, die sich bei bestimmten Geschwindigkeiten entfalteten.

Wie fühlt sich das an, wenn ein Panzermodell endlich fertig wird und ins Spiel kommt? Ist es Furcht? Genugtuung? Liest man bei euch im Team das Spielerfeedback?

Evgeny: Jep, wir lesen das Feedback, schauen uns die Streams an und freuen uns jedes Mal über positive Kommentare.

Karolis: Es sind gemischte Gefühle. Auf der einen Seite gibt es das Gefühl von Stolz und Genugtuung, weil wir viel Zeit auf jedes Modell verwenden und unser bestes tun, um es möglichst authentisch und realistisch aussehen zu lassen. Wir tun unsere Arbeit und müssen uns dafür nicht schämen. Wenn das Modell erst im Spiel ist, hofft man immer darauf, dass die Spieler die dahinter stehende Handwerkskunst erkennen und zu schätzen wissen. Dann liest man die Kommentare und alles, was man bekommt, ist „ja, okay“ und „näh“, woraufhin sich die meisten auf andere Themen stürzen.

„Ja, der Panzer ist okay, doch was ist mit der Größe der Spielerbasis? Warum repariert ihr nicht die ATGM? Oder stärkt den CATTB?“

Solche Fragen haben natürlich nichts mit unserem Modellteam zu tun. Manchmal fallen den Spielern auch Fehler auf, die wir dann anschließend beheben. Dagegen scheint fast niemand die Optik der neuen Modelle zu loben, obwohl sie, wenn man das Spiel auf maximalen Einstellungen und einem anständigen Rechner laufen lässt, genauso gut, wenn nicht sogar besser, als bei der Konkurrenz aussehen.

Spielt ihr Armored Warfare auch selbst? Und wenn ja, welche Fahrzeuge? Welchen Modus? Seid ihr gute Spieler?

Karolis: Leider habe ich selten Zeit, um einfach nur zu spielen. Ich bin für die Optik von Fahrzeugen zuständig – wenn ich das Spiel anschmeiße, dann schaue ich mir meist nur die Fahrzeuge in der Garage oder teste sie auf dem Testgelände. Aber was meine Kollegen angeht, besonders die, deren Job mit der Balance des Spiels zusammenhängt, weiß ich, dass sie viel spielen und auch wirklich gut darin sind.

Was sind eure Lieblingsfahrzeuge im Spiel und warum?

Karolis: Da gibt es mehrere Kandidaten. Da wäre zum einen der Type 16, der meiner Meinung nach zum einen der schönsten Modelle im Spiel gehört.

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Auch der überarbeitete T-72B sieht großartig aus. Dank ihm konnten wir anschließend den T-72A aktualisieren und den T-72M1 kreieren, der besonders gut mit dem Lion of Babylon Skin aussieht.

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Der AMX-13 – ich bin mir nicht sicher warum, aber er gefällt mir einfach. Der KPz Objekt 195 gehörte zu den schwierigsten Modellen, da es keine visuellen Referenzen dafür gibt, aber wir haben hart gearbeitet und unser historischer Berater stellte anschließend fest, dass wir nun das beste 3D-Modell dieses Fahrzeugs haben, das es gibt. Auch das Modell des T249 ist sehr detailliert, obwohl wir nicht viele Fotos von ihm hatten, mit denen wir arbeiten konnten. Der ZUBR PSP wurde zum größten Teil von uns entworfen. Für den ADGS stand uns bei der Entwicklung nur eine Zeichnung zur Verfügung.

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Aber das wirklich besondere sind für mich die Fahrzeuge, deren Modelle mit verschiedenen Animationen ausgestattet sind, wie z.B. der C13 TUA, der VCAC Mephisto oder die kürzlich hinzugefügte Radaranimation für den B1 DRACO (ja, wir haben den damit verbundenen Bug bereits behoben und sie wird schon bald live erscheinen). Diese kleinen Details erwecken unsere Fahrzeuge wirklich zum Leben, weshalb wir versuchen, allen neuen Fahrzeugen so viele Animationen wie möglich hinzuzufügen. An den neuen Modellen sind meist sogar diverse Kanister, Taschen und ähnlicher „Kram“ animiert Sie bewegen sich, wenn die Kanone abgefeuert wird oder wenn der Panzer über Hindernisse fährt.

Manchmal sind es die kleinen Dinge. Die erste Animation, die wir je gemacht haben, waren die klappbaren Scheinwerfer des Merkava Mk.3 – das haben nicht viele bemerkt. Das IR-Scheinwerferlicht des T-72B folgt außerdem der Kanone. Man könnte meinen, es sei einfach zu machen, aber nein. Von der Codierung her war es ziemlich kompliziert. Eine weitere große Sache waren die diversen Einsatzanimationen der mechanisierten Infanterie – als diese Fahrzeuge zum ersten Mal hergestellt wurden, dachte niemand wirklich daran, ihre Truppenräume zu modellieren und es gab keine Modelle der Innenräume. Wir haben viel Zeit damit verbracht, die Fotos der entsprechenden Bereiche zu finden, sie den Modellen hinzuzufügen und die Türen richtig zu animieren.

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Evgeny: Mein Favorit ist der IT-1. Es ist das erste Fahrzeug im Spiel mit einer speziellen Nachladeanimation und was für eine Animation es ist – es ist einfach wunderschön, wie sich die Raketenflügel öffnen. Ich habe mit diesem Panzer die ganze PvE-Kampagne durchgespielt, weil ich nicht genug von der Animation bekommen konnte. Und natürlich wäre da noch der GAU-8 und der Vigilante – Gaitling-Kanonen sind meine Leidenschaft.

Welches Modell hat euch bei der Entwicklung die größten Schwierigkeiten bereitet?

Evgeny: Das kann man mehr oder weniger von jedem Fahrzeug behaupten, aber die meisten Probleme haben uns der Burlak und der T-72A bereitet. Es ist ja nicht so, dass wir nicht allen Modellen diese zusätzliche Aufmerksamkeit schenken wollen, aber schließlich hat jeder Termine zu erfüllen.

Karolis: An dieser Stelle möchte ich die Abrams-Panzer erwähnen. Obwohl es eine Menge Informationen über sie gibt, erwies sich die Überarbeitung der Modelle als extrem schwierig. Es wäre einfacher gewesen, bei Null anzufangen, wie wir es mit dem T-72B getan haben, aber stattdessen haben wir uns entschieden, die alten, bestehenden Modelle zu optimieren. Das hat sich definitiv als Fehler herausgestellt – die gesamte Aktion endete weit hinter dem Zeitplan und das Ergebnis ist immer noch nicht perfekt.

Und dann ist da noch die ganze Sache mit dem Vermächtnis, das Obsidian uns hinterlassen hat. Generell gesagt gibt es mehr als 400 Fahrzeuge im Spiel und jedes von ihnen hat oder hatte seine eigenen Schwierigkeiten. Der T-72B und die Abrams-Panzer sind nur zwei krasse Beispiele.

Natürlich gibt es noch viele andere Fahrzeuge, deren Optik verbessert werden muss. Einerseits sind diese Optimierungen und die darauf verwendeten Arbeitsstunden gegenüber den Erbsenzählern nur schwer zu rechtfertigen. Andererseits kann ich sie mir nicht einfach anschauen, ohne traurig zu werden. Aus diesem Grund verbessern wir bei der Einführung neuer Skins oder Varianten stets auch die Qualität des Basismodells, auch wenn dies nicht immer in den Patchnotes erwähnt wird. Das Modell des Sabra Mk.2 ist das neueste, das ein solches Upgrade erhält.

Wie sehr wird ein Modell beim Übergang von High-Poly zu Low-Poly in Mitleidenschaft gezogen und warum gibt es einen so großen Qualitätsunterschied zwischen euren Modellen und den alten von Obsidian?

Evgeny: Ich würde nicht sagen, dass die Modelle beim Übergang in Mitleidenschaft gezogen werden, jedenfalls nicht, wenn wir alles richtig machen. Im Allgemeinen verfügen unsere Modelle über mehr Polygone und höher aufgelöste Texturen. Sie haben keine Räder mehr, die wie Achtecke aussehen oder sechseckige Mündungsläufe. Wir haben alle unsere Fahrzeugmodelle auf ein neues Shader-System umgestellt, das die Textur in separate Ebenen aufteilt. Beim alten Obsidian-Shader war der Schmutz, die Abnutzung, der Rost und die Grundfarbe in die Textur eingebrannt. Unser Shader behandelt sie als separate Ebenen, die je nach Bedarf bearbeitet werden können. So können wir zum Beispiel mit wenigen Klicks für alle Fahrzeuge gleichzeitig die Materialeigenschaften ändern, ohne alle Modelltexturen überarbeiten zu müssen. Dieses Shader-System ermöglichte uns auch die Einführung der dynamischen Schmutzfunktion.

Leider verlief die Aktualisierung des Spiels auf diese neue Technik nicht immer reibungslos, einige Panzer verloren sogar etwas von der Qualität der ursprünglichen visuellen Modelle. Dabei spielte auch der menschliche Faktor eine Rolle – wir hatten nur sehr wenig Zeit, um mehr als 200 Panzer zu überholen, weshalb wir eine beträchtliche Anzahl von Outsourcern beauftragen mussten. Und wenn man an einem Projekt dieser Größenordnung mit strikten Zeitfenstern arbeitet, ist es bisweilen schwer, das Qualitätsniveau bei jedem einzelnen Fall konstant zu halten. Aber wir sind ständig dabei, diese Probleme zu beheben und die neuen Modelle sehen wirklich gut aus – mehr als auf Augenhöhe mit unserer Konkurrenz.

Man sagt, dass Spieleentwickler im Allgemeinen viel Geld verdienen. Ist das wahr?

Evgeny: Das klingt für mich nach einer kognitiven Verzerrung. Auf jeden reichen Entwickler kommen hunderte von stillgelegten Projekten, die keinen Erfolg hatten.

Karolis: Nun, wenn man Gabe Newell als Entwickler betrachten will, dann ja – einige verdienen Millionen. Aber in der Games-Branche verdienen wir durchschnittlich nicht mehr und nicht weniger, als in anderen IT-Entwicklerbranchen.

Wie sehr nimmt euch euer Job ein? Ist es schwer, einfach abzuschalten und etwas anderes zu tun?

Evgeny: In diesem Job kann man es sich nicht erlauben, einen Gang runterzuschalten. Der Fortschritt und die technologische Entwicklung in dieser Branche sind unglaublich schnell. Es taucht ständig neue Software auf und es kommen laufend neue Entwicklungsmethoden dazu. Man muss immer etwas Neues lernen, was die ganze Freizeit und den ganzen Urlaub in Anspruch nimmt. Man kann nie aufhören oder man bleibt zurück. So galt zum Beispiel die CryEngine noch vor nicht allzu langer Zeit als fortschrittliche Engine. Heute gehört sie fast schon zum alten Eisen und die Unreal Engine hat die Nase vorn. Die sich rasant entwickelnde 3D-Software Blender und Houdini mit ihrer prozeduralen Modellierung löst die alten Dinosaurier Maya und 3ds MAX ab.

Karolis: Ich habe eine weitere Angewohnheit – ich versuche immer, lokale Militärmuseen zu finden. Letzten Sommer, kurz vor der Veröffentlichung des Battle Path, fuhr ich 600 Kilometer von Moskau weg, um meine Verwandten zu besuchen. Dort habe ich zufällig einen Park mit einer Shilka gefunden! Das war wirklich aufregend. Ich bin darauf herumgeklettert und habe einen ganzen Haufen Fotos gemacht, die wir bei der letzten Entwicklungsphase des Spielmodells verwendet haben.

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Wie viel Zeit nimmt es in Anspruch, um einen Panzer von Grund auf zu entwickeln, also von dem Moment an, wo ihr den Entwicklungsauftrag bekommt?

Karolis: Ich würde die Frage ein wenig erweitern und nicht an dem Moment ansetzen, wo wir die Aufgabe bekommen, sondern ab dem Moment der Entscheidung, dass ein bestimmtes Fahrzeug ins Spiel gebracht wird. Es gibt noch eine weitere wichtige Phase, bevor die Künstler mit ihrer Arbeit beginnen – die Suche nach Referenzen und die Erstellung eines so genannten Werkbuchs, also eines Dokuments, das bis zu 70 Seiten mit Fotos und Beschreibungen der einzelnen Teile des Fahrzeugs umfassen kann. Dieses wird von unseren historischen Beratern erstellt. Einschließlich dieser Phase dauert die Entwicklung 4 bis 6 Monate.

Zu guter Letzt: Könnt ihr uns etwas zeigen, an dem ihr gerade arbeitet?

Im Moment arbeiten wir an einem Upgrade des Sabra-Modells, das mit der Einführung eines neuen Skins für den Panzer einhergehen wird. Auf dem Bild könnt ihr einige Details dieses Projekts einsehen. Wir hoffen, dass es euch gefällt!

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So, das war‘s für heute, Kommandanten. Hat euch das Interview gefallen? Würdet ihr gern weitere Inhalte dieser Art sehen? Dann lasst es uns auf Discord wissen und wie immer:

Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld!

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