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Entwicklung des OT-64 SKOT - Die Vorgänger

Der Truppentransportpanzer OT-64 war und ist immer noch ein relativ erfolgreicher, allradgetriebener SPz aus der Ära des Warschauer Pakts. Er wurde bis in die 1970er Jahre produziert und bei über 4000 hergestellten Einheiten sind noch viele im Gebrauch oder stehen als Reserve in den ehemaligen Nutzerstaaten bereit, wie der Tschechischen Republik, der Slowakischen Republik und Polen. Während das zugrunde liegende Konzept bereits veraltet ist, weil sich der Fokus mittlerweile auf die Sicherheit der Mannschaft verschoben hat, ist es ein erschwingliches und leicht zu reparierendes Fahrzeug und deshalb durchaus interessant für Armeen mit geringem Budget.

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SKOT-2AP

Der Name: SKOT ist eine Abkürzung für Střední Kolový Obrněný Transportér (Tschechisch), bzw. Średni Kołowy Transporter Opancerzony (Polnisch), was zu Deutsch so viel bedeutet, wie mittlerer gepanzerter Radtransporter. Doch wie und warum wurde dieses Fahrzeug eigentlich entwickelt?

Die Anfänge der tschechoslowakischen SPz-Entwicklung

Der SKOT entstand als Nachfolger des „standardmäßigen“ Schützen- und Transportpanzers der tschechoslowakischen Armee der 40er- und 50er-Jahre, der auf dem erbeuteten deutschen Halbkettenfahrzeug HKL6p (auch bekannt unter der Bezeichnung Sd.Kfz.251) basierte. Die Nutzung erbeuteter deutscher Fahrzeuge ist für die 1945 neu gegründete tschechoslowakische Armee eine reine Notwendigkeit gewesen, bis 1955-56 eine ernstzunehmende Produktion einheimischer und auf Lizenz hergestellter Fahrzeuge startete und es an der Zeit war, die stark abgenutzten Halbkettenfahrzeuge zu ersetzen. Ein vielversprechendes Projekt für einen Ketten-SPz auf Basis eines modifizierten vz.38-Fahrgestells aus der Kriegszeit geriet leider in Vergessenheit und auch die Konstruktion des HKL6p-Nachfolgers, des unrühmlichen OT-810, ließ so weit zu Wünschen übrig, dass sie ihm den Spitznamen „Hitlers Rache“ einbrachte.

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Kätzchen APC

Zwar ist die Meinung weit verbreitet, dass die Entwicklung eines modernen Radtransporters mit dem Programm zur Ersetzung des OT-810 begonnen hätte, doch diese Aussage ist entspricht nicht der Wahrheit. Die Entwicklung begann vielmehr parallel zur Ausarbeitung des OT-810.

Im Jahre 1954 war man in der Tschechoslowakei dabei, zwei Versionen eines neuen SPz zu entwerfen - als Ketten- und als Radfahrzeug. Die Fahrzeuge sollten Truppentransporte von 12-15 Mann ermöglichen und interessanterweise wurden von Beginn an auch Modelle mit Mörsern und Panzerabwehrwaffen (rückstoßfreie 82-mm-Geschütze) in Betracht gezogen. Die wichtigste Anforderung bestand jedoch darin, so viele Teile des geländegängigen Lkws Praga V3S wie möglich zu verwenden, was zeitweise zu Engpässen in dessen Produktion führte. Die Entwicklung sollte 1955 beginnen und der Produktionsstart wurde, mehr oder weniger realistisch, für 1960 angesetzt.

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OT-810 with disembarking soldiers - source: valka.cz

Die strikten Voraussetzungen konnten angesichts der chaotischen Nachkriegszeit und der sich gerade erholenden tschechoslowakischen Industrie jedoch nicht erfüllt werden, was durch den kommunistischen Coup in 1948 zusätzlich erschwert wurde. Am Entscheidungsprozess waren drei Parteien beteiligt:

  • Die Armee, die sich an modernen Trends orientierte und ihre Truppen mit gepanzerten Transportern ausstatten wollte, um Beweglichkeit und Schutz der Truppe zu optimieren
  • Die politischen Verantwortlichen, die nicht in die Entwicklung einheimischer Schützenpanzer investieren wollten und stattdessen auf (hauptsächlich aus der UdSSR) exportierte oder lizensierte Fahrzeuge setzte
  • Vertreter der Industrie, die bereits unter dem Druck standen, die Produktion von Gütern des täglichen Bedarfs aufrechtzuerhalten (allem voran von Fahrzeugmotoren, was sich wegen Überschneidungen auch auf die Entwicklung des SPz negativ auswirkte)

Daneben wurde in der Tschechoslowakei der Nachkriegszeit eine Vielzahl kleinerer Prototypserien entworfen und produziert (darunter nicht weniger als 3 unterschiedliche Halbkettenfahrzeuge), was den Vertretern der Industrie zusätzliche Kopfschmerzen bereitete. Im Endeffekt versuchte die Industrie die Produktion gänzlich zu unterbinden, während die Politiker auf lizensierte oder sowjetische Fahrzeuge setzten und das Militär möglichst schnell etwas besseres haben wollte, als die auseinander fallenden deutschen Halbkettenfahrzeuge. Ein weiterer Faktor, der den Prozess zusätzlich verkomplizierte, ist die Gründung des Warschauer Pakts 1955 gewesen, im Zuge dessen auch die Vereinheitlichung der Waffenbestände festgelegt wurde. Allerdings ohne konkrete Anweisungen, was und in welchem Ausmaß vereinheitlicht werden sollte, was zu zusätzlicher Verzögerung bei Entwicklung und Produktion führte. Das SPz-Projekt wurde erst 1956 fortgesetzt, als ein sowjetisch-tschechoslowakischer Vertrag die Produktion gänzlich in tschechoslowakische Hand legte.

Ein steiniger Weg

Der Vertrag bestimmte zum Missfallen der Industrie nicht, dass andere Projekte auf Eis gelegt wurden. Im Jahre 1956 wurden zwei Prototypen des V3SO (eine gepanzerte Version des V3S-Lkws) einem weiteren SPz-Prototypen gegenübergestellt - dem Halbkettenfahrzeug HAKO. Weitere Tests fanden 1957 statt, diesmal im Vergleich zum dem sowjetischen BTR-152. Das V3SO-Konzept wurde zu keinem Zeitpunkt als ernstzunehmende Zukunftslösung angesehen und galt angesichts der beiden misslungenen Prototypen allenfalls als Lückenfüller in der Entwicklung. Sie konnten den BTR-152 in den Testläufen zwar knapp schlagen, sind dem Halbkettenfahrzeug HAKO (aus dem später der OT-810 werden sollte) jedoch völlig unterlegen gewesen. Die desaströsen Ergebnisse dieser Testläufe hatten eine erhebliche Verspätung der SPz-Entwicklung zur Folge.

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The second V3SO prototype - source: M.Dubánek

Es wurde klar, dass ein aufgerüsteter Truck niemals die gewünschten Ergebnisse liefern würde, weshalb Anfang 1956 eine völlig neue Richtung eingeschlagen wurde. Dieses mal setzte ein Konsortium aus Militärs (22. Militärakademiedivision) und Vertretern der Werke Praga und Tatra Kopřivnice auf einen 4-Achsen-SPz. Es war ein modernes 12-Tonnen-Modell, mit einer theoretisch angesetzten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h, die es dank eines Tatra T-928K-Motors erreichen sollte. Vor allem aber ist es eine brandneue Konstruktion und kein umgebauter Truck gewesen. Der Prototyp hatte zwar mit vielen Macken zu kämpfen, stellte aber den ersten Schritt in Richtung des späteren OT-64 dar.

Die Sache wurde 1957 nochmals verkompliziert, nachdem das Fahrzeug laut neuer Anordnung auch amphibisch werden sollte. Amphibische Fahrzeuge sind eine Spezialität der Sowjets gewesen und ihre Entwicklung gründete auf der Vorstellung eines von Flüssen und anderen Wasserhindernissen durchzogenen Europa, in dem eine erfolgreiche Kampfführung nur mit geeigneten Fahrzeugen zu führen wäre. Die Richtigkeit dieser Aussage konnte bislang nicht bewiesen werden (zumindest nicht auf europäischen Boden), im Gegensatz zu dokumentierten Abstrichen bei der Fahrzeugleistung (BMP-Serie) - auf dem Papier jedenfalls machte sich die Sache gut. Am 19. September 1956 formulierte die Armee neue Anforderungen an ihre amphibische Rad- und Kettenfahrzeuge (mit dem OT-62 TOPAS als Kettenmodell). Das allradgetriebene Projekt bekam die Bezeichnung SKOT und wurde im November 1956 in Auftrag gegeben. Aufgrund der zu jener Zeit anlaufenden Produktion des OT-810 hatte das Projekt jedoch keine Priorität. Selbst bei planmäßig laufender Entwicklung würden die ersten Fahrzeuge das Laufband nicht vor 1962 verlassen. Die exakten Anforderungen an den SKOT wurden Anfang 1957 ausformuliert und unterschieden sich stark von dem endgültigen Modell. In seiner frühesten Entwicklungsphase besaß der SKOT nur drei Achsen und war für einen Transport von 22 Soldaten oder 3 Tonnen Material ausgelegt. Seine Reichweite sollte bei einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h rund 500 km betragen. Die 15-mm-starke Frontpanzerung wäre gegen Angriffe von panzerbrechenden Geschossen bis 12,7 mm gewappnet, während die Seiten und das Heck 7,92-mm-AP-Munition standhalten würden. Die Schwimmgeschwindigkeit des amphibischen Fahrzeugs sollte 6 km/h betragen. Die Anforderungen wurden 1957 von dem Kommando des Warschauer Pakts abgesegnet (als einzige Änderung sollte die Schwimmgeschwindigkeit auf 8-10 km/h erhöht werden), allerdings machten neuerliche Lieferengpässe dem Projekt einen Strich durch die Rechnung, da die Industrie mit den zahlreichen, zwischen 1950 und 1955 entwickelten Militärprojekten nicht standhalten konnte. Es wurde entschieden, die Anzahl der Vorhaben zu reduzieren und die Entwicklungen der übriggebliebenen Konzepte zu beschleunigen.

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SKOT 2A in the Polish Army Museum - photo by Hubert Śmietanka

Als Teil dieser auf Gesprächen mit dem Militär basierenden Initiative wurde die amphibische Komponente der Fahrzeuganforderungen überarbeitet. Neben der Tatsache, dass sich die amphibische Funktion bei Testläufen als völlig nutzlos erwies und selbst Prototypen amphibischer Kettenfahrzeuge an Steigungen scheiterten, die von den Entwicklern nicht in Betracht gezogen wurden, würde die Entwicklung einer nicht-amphibischen Variante ein Jahr kürzer und um die Hälfte billiger ausfallen. Mittlerweile bekundete auch die polnische Armee Interesse an einem neuen SPz. Bis dahin nahmen die Polen keinen Einfluss auf die Entwicklung des SKOT, wussten jedoch sehr gut über das Projekt bescheid. Erste Kooperationsgespräche begannen 1961 und im Jahr darauf beteiligten sich polnische Experten an Testläufen eines SKOT-Prototypen). Das Projekt hatte immer wieder an Problemen zu leiden (kein staatlicher Konzern stand dem Vorhaben wohlwollend gegenüber) und die Entwicklung stand mehrmals auf der Kippe.

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SKOT 2A during military exercises in Poland

Am Ende entschied die Politik. Aufgrund schlechter Erfahrungen mit unzähligen Militärprojekten, die zwischen 1951 und 1956 riesige Summen verschlangen und viel Zeit in Anspruch nahmen, setzte das Politbüro 1957 einige Langzeitprojekte aus, was zugunsten der übriggebliebenen Vorhaben ausfiel, deren Entwicklung beschleunigt wurde. Die SKOT-Studie wurde am 7. März 1958 abgesegnet und der erste Entwurf am 20. Juni 1958 akzeptiert. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht entschieden, ob das Fahrzeug amphibisch sein würde, oder nicht. Ungeachtet der Proteste aus den Reihen der tschechoslowakischen Armee und langwierigen Verhandlungen mit Vertretern des Warschauer Pakts empfahl die sowjetische Seite eine amphibische Variante - und sowjetischen „Empfehlungen“ war in jenen Jahren besser Folge zu leisten. Das sind die Umstände, die zur Entwicklung des OT-64 führten.

Quellen:

  • M.Burian, J.Dítě, M.Dubánek – OT-64 SKOT
  • M.Dubánek – Trnitá cesta k zadání úkolu SKOT
  • M.Dubánek – Od Bodáku po Tryskáče: Nedokončené československé zbrojní projekty 1945-1955
  • Eigenes Archiv
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