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Storyline: Clayburn Seahawks

Der Krach, den die Abrams-Turbine verursachte, vermischte sich mit grölender alter Rockmusik, die aus den riesigen Lautsprechern am Turm schmetterte, zu einem ohrenbetäubenden Lärm. Major Seagrove lächelte, als sein Begleiter ausrief:

"Die APU ist nicht dazu da, eure verdammte Anlage mit Strom zu versorgen!"

Die auf dem Turm sitzende Besatzung konnte ihn natürlich nicht hören, hatte den Braten aber wohl gerochen, weil der Refrain von "Highway To Hell" leiser wurde, als sich Seagrove und der andere Mann auf den Weg zum Kommandozelt machten. Seagrove machte einen zufriedenen Eindruck. Der neue Kommandant würde seinen Job gut machen.

Während die beiden, begleitet von der kühlen Sonne des balkanischen Frühlings, durch das Lager schritten, bemerkte Seagrove einige ungewöhnliche Aktivitäten. Das sah ganz nach schlechten Neuigkeiten aus – oder guten, je nachdem, wie man es betrachtete. Nur wenige Feinde sind für Soldaten so tödlich, wie Untätigkeit. Jetzt aber war keine Zeit für solche Gedanken und er konzentrierte sich darauf, was folgen sollte.

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Sie wurden bereits von vier Personen erwartet. Majorin Kathryn Grey lehnte mit verschränkten Armen an dem Aluminiumtisch in der Mitte des Zelts und schaute äußerst böse drein, während der HR-Offizier Kurtz teilnahmslos vor zwei Wachmännern stand.

Seagrove runzelte die Stirn, als Kurtz flüchtig salutierte und sich an seinen Begleiter wandte.

"Kommandant Blackwood, als Human-Ressources-Offizier dieser Einheit habe ich keine andere Wahl, als Majorin Grey anzuklagen."

"Ist das so?" Antwortete Blackwood und setzte sich in seinen Sessel gegenüber Kurtz und Grey. Seagrove verschränkte die Arme und blieb am Eingang stehen, von wo aus er die Szene betrachtete, aber auch jeden daran hinderte, hineinzugehen und zu stören.

"Jawohl, Sir", sagte Kurtz und machte seinen Rücken gerade. Er war ein gedrungener und plumper Mann, der in seinem langen Ledermantel wie die Karikatur eines Wehrmacht-Offiziers aussah. Seagrove dachte oft daran, ob dies von den Projektanten dieser albernen Uniformen so gewollt war. HR-Offiziere nahmen weder an den Kämpfen teil, noch an dem Training, was man oft auf den ersten Blick erkennen konnte - wie an diesem Kampfzwerg.

Majorin Grey war das genaue Gegenteil von Kurtz – schlank und groß, mit gestutztem braunen Haar und markanten Gesichtszügen.

"Das Ziel der Mission war, Gefangene zu nehmen."

Mit einer theatralischen Geste griff sich Kurtz den Missionsbericht vom Tisch und fing an, darin zu blättern, bis er endlich die richtige Stelle fand.

"Laut diesem Bericht kommandierte Majorin Grey den Fahrer, ihren Panzer unmittelbar neben dem Haus der Verdächtigen zu positionieren und ließ ihn anschließend den Geschützturm drehen, bis der Lauf der Kanone direkt gegen das Fenster des Zielobjekts zeigte, worauf hin sie einen Schuss abgab und dabei schrie 'Klopf, klopf, ihr Hu...'"

"Genug. Ich habe den Bericht gelesen." Blackwood unterbrach ihn.

Kurtz ließ sich nicht beirren.

"Aber Sir, dieser Zwischenfall resultierte in sieben Toten und einem Schwerverletzten. Außerdem spricht vieles dafür, dass Fahrzeug und Munition manipuliert worden sind. Das Projektil wäre unter normalen Umständen nicht explodiert."

"Es waren Organhändler, Kurtz," platzte es aus Grey heraus. "Du bist nicht derjenige gewesen, der die Kinderleichen gefunden hat..."

Er kniff die Augen zusammen.

"Ist das auch die Rechtfertigung dafür, HR-Offiziere in einem offiziellen Bericht mit Spitznamen zu belegen, die wie Geschlechtskrankheiten klingen?"

Trotz des seriösen Themas konnte sich Seagrove an dieser Stelle kaum ein Grinsen verkneifen. Spitznamen für HR-Offiziere hatten bei den "Clayburn Corporate Forces" Tradition und wurden sehr zum Ärger der Betroffenen auch von den Befehlshabenden toleriert.

"Also" seufzte Blackwood und faltete die Hände.

"Wir haben Befehl, mit den hiesigen Banditen kurzen Prozess zu machen, nach dem Empfang, den sie uns bereitet haben. Habe ich recht, Kurtz?"

Kurtz nickte knapp.

"Gut. Der Befehl der Majorin lautete, uns einen Gefangenen zu bringen und das hat sie auch getan. Zum Reden braucht er weder Arme, noch Beine und ich vertraue meinen Sanitätern, dass sie ihn am Leben halten können. So wie ich es sehe, hat sie die Befehle exakt befolgt. Und was ihr Verhalten im Kampf betrifft, so ist Majorin Grey eine hochdekorierte Offizierin der Clayburn Industries Expeditionary Force. Ich vertraue auf ihr Urteilsvermögen und in ihre Taktik. Die Explosion kann ich mir nur als Fehlfunktion erklären. Haben wir uns verstanden?"

Man konnte Kurtz' Enttäuschung förmlich greifen.

"Jawohl, Sir." antwortete er grimmig.

"Gut. Sie können gehen. Majorin Grey, sie bleiben – wir müssen den Transfer planen. Befehle sind eingetroffen."

Seagrove salutierte und verließ das Zelt, um einige Meter vom Eingang entfernt zu warten. Einige Sekunden später kam Kurtz hinzu und stieß einen Seufzer aus.

"Warum muss ich immer den bösen Bullen spielen?"

Seagrove lächelte.

"Weil du der beste darin bist, Jonas. Die Wachen werden alles erzählen und bis zum Abend wird das ganze Lager wissen, dass der neue Kommandant sich gegenüber dem verhassten HR für seine Untergebene eingesetzt hat."

Kurtz seufzte wieder.

"Kann ich das nächste mal wenigstens einen besseren Spitznamen bekommen?"

Seagrove lachte.

"Lass uns lieber den Whiskey probieren, den Majorin Grey von ihrem letzten Einsatz mitgebracht hat..."

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Clayburn Industries Seahawks

Im Jahr 2038 erwarb Clayburn Industries große Landflächen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina, nachdem die Region zuvor wirtschaftlich kollabiert ist. Der Konzern begann damit, Transporte mit humanitärer und wirtschaftlicher Hilfe in die Gebiete zu entsenden, die jedoch von unbekannten geplündert und zerstört wurden, während man die Besatzungen ermordete. Die Angriffe auf die Konvois waren gut vorbereitet, schnell und brutal. Sie gingen weit über das hinaus, zu was eine regionale Guerillatruppe in der Lage gewesen wäre.

Clayburn hatte eine konkurrierende Firma im Verdacht und schickte ein großes Truppenkontingent in die Region, das die Ballungsgebiete schützen sollte. Eine der besten Einheiten, die zu diesem Zweck gebildet wurden, war die "Task Force Seahawk", eine ad-hoc zusammengestellte Expeditionseinheit unter dem Kommando von Oberstleutnant Adrian Blackwood.

Die Seahawks sind eine Einheit in Bataillonstärke mit ca. vier dutzend Leopard 2 und M1 Abrams Kampfpanzern, drei dutzend Bradley-SPz, ein paar Strykers und einer großen Flotte von Unterstützungsfahrzeugen. Ihre Aufgabe besteht darin, die Interessen und Ressourcen des Konzerns gegen jede Art von Bedrohung zu schützen.

Momentan, also im Frühling 2039, ist die Einheit im Gebiet Sanski Most stationiert. Lokale kriminelle Banden wurden schnell eliminiert und auch die Angriffe scheinen nachgelassen zu haben. Für die erfahrenen Clayburn-Kämpfer fühlt es sich aber eher an, wie die Ruhe vor dem Sturm.

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