News

In Entwicklung: WPB Anders

Die Entstehungsgeschichte der Multifunktionellen Kampfplattform Anders (Wielozadaniowa Platforma Bojowa, WPB) ähnelt in vielerlei Hinsicht der des bereits vorgestellten SPz Šakal. Beide Projekte begannen als Versuch, den veralteten sowjetischen Fuhrpark durch etwas zu ersetzen, was in größerem Maße dem modernen Schlachtfeld entsprechen würde.

scr1

WPB Anders, MSPO 2010

Die Plattform wurde nach General Władysław Albert Anders benannt, einem berühmten Kommandanten der polnischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg, der nach dem Krieg von den Kommunisten verfolgt wurde, ähnlich wie ein anderer polnischer Kriegsheld, General Maczek.

Die ursprüngliche Idee bestand darin, die polnischen Panzereinheiten in eine höchst mobile Streitmacht zu bündeln, die aus Panzerbrigaden unter Verwendung von leichten Radfahrzeugen (Rosomak-Plattform) oder Kettenfahrzeugen (Anders-Plattform) bestehen sollte. Auch die aus kampfwertgesteigerten BMPs bestehende Puma-Familie wurde für die Rolle gehandelt, doch das Programm wurde bereits früh eingestellt.

Die Plattform wurde von OBRUM Gliwice entwickelt und die erste vorgestellte Variante war ein Leichtpanzer bzw. ein Feuerunterstützungsfahrzeug. Die Bezeichnung des Fahrzeugs sorgte für einige Kontroversen – die Plattform musste strikten Gewichtsanforderungen des Militärs entsprechen, um für den Transport mit dem Airbus A400M kompatibel zu sein. Das Höchstgewicht des Fahrzeugs durfte maximal 35 Tonnen betragen, was bedeutete, dass die Panzerung sehr leicht sein musste. Diese Anders-Konfiguration einen regulären Panzer zu nennen, wäre sehr weit hergeholt – das Fahrzeug konnte es unmöglich gegen echte Kampfpanzer aufnehmen und eignete sich ungeachtet der Herstellerangaben höchstens für eine Rolle als Feuerunterstützungsfahrzeug.

Die eigentliche Entwicklung begann 2008 und es vergingen 24 Monate, bis ein Vorführmodell der Leichtpanzer-Konfiguration fertig war. Das Vorführmodell wurde erstmals im Rahmen der Militärausstellung MSPO 2010 in Kielce vorgestellt, wo das Fahrzeug offiziell nach General Anders benannt und von dessen Tochter getauft wurde.

scr2

WPB Anders, MSPO 2010

Der Prototyp war für eine Besatzung von drei Mann ausgelegt (Fahrer, Kommandant und Richtschütze) und bestand aus geschweißten Stahlplatten (die übrigens nicht in Polen, sondern in der Tschechischen Republik geschmiedet wurden). Er wurde bei AMZ in Kutno montiert und anschließend ins OBRUM-Werk Gliwice gebracht, wo er fertiggestellt wurde. Die exakte Stärke der Panzerungsplatten ist nicht bekannt, der Schutzfaktor des Anders-Leichtpanzers wurde aber mit STANAG 4569 Stufe 3 angegeben (Schutz gegen 7,62-mm-AP-Projektile bei nur 30 Metern).

Einigen Quellen zufolge konnte das Fahrzeug dank zusätzlicher Panzerungsplatten STANAG 4569 Stufe 5 oder gar 6 erreichen (das Panzerungssystem war modular ausgelegt), was ihm einen frontalen Schutz gegen 25-mm-APDS-Projektile auf 500 Meter (bei Stufe 5) bzw. gegen 30-mm-APFSDS auf 500 Metern bot (bei Stufe 6).

Das Fahrzeug wog ungefähr 33 Tonnen und erfüllte damit die Anforderungen des Militärs, auch wenn die Erhöhung auf die Schutzstufe 5 oder 6 einen Gewichtsanstieg auf 44 Tonnen mit sich zog. Angetrieben wurde es von dem deutschen MTU 8V199 TE20 Motor mit 710 PS, was dem Fahrzeug ein exzellentes Leistungsgewicht von 21,5 PS/t verlieh. Bei Bedarf konnte die Leistung des Motors auf 800 PS gesteigert werden, um das erhöhte Gewicht der Panzerung auszugleichen, doch diese Option wurde nicht bei dem Prototyp angewendet, der an sich schnell genug war und eine Höchstgeschwindigkeit von 72 km/h erreichte. Die Federung bestand aus einem neu entwickelten hydromechanischen System mit sechs Laufrollen auf jeder Seite und einem Antriebsritzel vorn.

Das Fahrzeug besaß einen bemannten Geschützturm mit niedrigem Profil, bei dem die Mannschaft halb in der Turmgondel, halb in der Wanne saß. Diese Lösung erhöhte zwar generell den Schutz der Besatzung, verknappte allerdings auch den Innenraum und verringerte das Reaktionsvermögen der Besatzung, die sich auf mehrere Periskope und Visiere verlassen musste, um die Situation außerhalb des Fahrzeugs einschätzen zu können. Der Turm wurde mit einer schweizerischen 120 mm RUAG Glattrohrkanone und einem koaxialen 7,62 mm UKM-2000C Maschinengewehr ausgerüstet (derselbe Typ wurde auch beim Rosomak-Turm verwendet). Die Kanone wurde automatisch geladen und schöpfte die Projektile aus einem 12-Schuss-Magazin. Die Feuerleitanlage stammte aus Polen und wurde von Przemysłowe Centrum Optyki entwickelt. Die Kanone des Prototypen war nicht stabilisiert, ein Stabilisierungssystem für das Modell wurde jedoch entwickelt.

scr3

WPB Anders, MSPO 2010

Die zusätzliche Bewaffnung bestand aus dem ferngesteuerten Kobuz-Waffenstationsmodul mit wahlweise einem schweren 12,7-mm-Maschinengewehr oder einem 40-mm-Granatwerfer. Weitere Ausrüstung und Schutzmaßnahmen umfassten:

  • Laserwarnsystem Obra
  • Israelische Trophy APS (nur am Vorführmodell)
  • Ukrainische Zaslon APS (nur am Vorführmodell)
  • Kommunikationssystem Radmor bzw. Fonet
  • Klimaanlage
  • Hilfsaggregat
  • PKN-72B-Fahrervisier mit Tag-/Nachtoptik von Przemysłowe Centrum Optyki
  • Brandunterdrückungsanlage Stopfire von WSK PZL Warszawa II
  • ABC-Schutzanlage (Filter- und Warnsysteme)
  • Navigationssystem Talin

Die Vorstellung des Fahrzeugs auf der MSPO hatte eher mäßigen Erfolg. Insbesondere der halbfertige Zustand des Modells gab Anlass zu Kritik (die fehlende Stabilisierung stellte dabei das größte Problem für ein Fahrzeug dar, dass sich auf seine Mobilität verlassen musste, um zu überleben), aber auch die niedrige Schutzstufe wurde als unzureichend bemängelt (insbesondere im Vergleich zu den älteren T-72-Varianten, die es ersetzen sollte). Die Kritikpunkte führten dazu, dass das Militär zu jenem Zeitpunkt nicht an der Entwicklung des Projekts interessiert war.

Ungeachtet dieses Rückschlags setzte man bei OBRUM die Entwicklung der Plattform fort, was in einem Vorführmodell der SPz-Konfiguration mit dem italienischen HITFIST-30P-Turm gipfelte, der auch beim Rosomak Verwendung fand. Zwei Jahre später erschien eine weitere Feuerunterstützungsversion, dieses mal mit einem belgischen CT-CV-Turm von CMI Defence mit 105-mm-Kanone. Diese Variante wurde während der EUROSATORY-Ausstellung in Paris in 2012 der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine weitere, weniger bekannte Variante ist ein Raketen-Jagdpanzer.

scr4

Das endgültige Schicksal des Projekts ist nicht gut dokumentiert. Nachdem es kein nennenswertes Interesse wecken konnte, wurde es anscheinend eingestellt, da das polnische Militär zu der Ansicht gelangte, dass ein derart leichtes Feuerunterstützungsfahrzeug niemals in der Lage wäre, einen richtigen Kampfpanzer zu ersetzen. Man entschied sich stattdessen für den Kauf mehrerer modernisierter Leopard-2-Kampfpanzer. Die Plattform tauchte im Jahr 2016 unter einem anderen Namen (UMPG) in der SPz-Konfiguration wieder auf. Ungeachtet der Namensänderung handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Anders-Plattform – diesmal leider ohne den Namen des Generals zu tragen. Ob die Plattform mehr Interesse wecken kann, als ihr Vorgänger, bleibt abzusehen, aber angesichts der Tatsache, dass der Konkurrent im SPz-Bereich (BWP Borsuk) bislang nur auf dem Papier existiert, stehen die Chancen gut, dass sie zum zukünftigen Ketten-SPz der polnischen Armee erkoren wird (als Ersatz für die BMP-Serie).

Bei Armored Warfare wird der WPB Anders ein hochrangiger Leichtpanzer mit 120-mm-Kanone sein. Das Modell wird auf dem 2010er Vorführmodell des Anders basieren.

Wir hoffen, dass Euch dieses Fahrzeug gefällt und sehen uns auf dem Schlachtfeld!

Nach oben

Sei dabei!