Kommandanten!
In früheren Versionen von Armored Warfare ist der T-64 ein Kampfpanzer auf niedrigen Tiers gewesen. Im Balanceupgrade 2.0 wurde er durch das 1969er-Modell des T-64A ersetzt, doch um dieses Modell zu verstehen, müssen wir erst einen Blick auf seinen Vorgänger werfen.
T-64
Was die Panzer der 1960er- und 1970er-Jahre betrifft, so lässt sich eins mit Sicherheit sagen: Die sowjetischen Panzer dieser Ära waren denen der NATO haushoch überlegen. Diese Behauptung lässt natürlich so wichtige Dinge außer Acht, wie das Können und die Moral der Truppen, doch rein technisch gesehen überragten die sowjetischen Kriegsmaschinen jene der NATO um Längen. Die T-64-Serie verkörperte diese Überlegenheit wie keine andere.
Die Entwicklung des in der Projektphase Objekt 432 genannten T-64 basierte auf dem Projekt Objekt 430, das 1961 eingestellt wurde. Das Ende dieses Projekts lag in der Tatsache begründet, dass Objekt 430 keine wirkliche Verbesserung gegenüber dem mittleren Panzer T-55 darstellte und die Panzerentwickler des Malyschew-Werks in Charkow sich deshalb etwas Neues einfallen lassen mussten. Und das haben sie.
Die Entwicklung des Objekt 432 begann im Mai 1961 im Konstruktionsbüro KB-60 und der erste Prototyp war im September 1962 fertig (zwischen März und September entstanden zu Testzwecken diverse Teilprototypen und Modelle).
Visuell erinnerte das Fahrzeug im Großen und Ganzen an Objekt 430, allerdings mit einem signifikanten Unterschied – Objekt 432 würde der erste sowjetische Panzer mit Verbundpanzerung sein. Die Sowjets waren sich des Potenzials von HEAT-Geschossen sehr wohl bewusst, das Problem allerdings bestand darin, das auch die Gegner über sie verfügten und die eigenen Besatzungen folgerichtig vor ihnen geschützt werden mussten. Außerdem verbreitete sich zu jener Zeit auch die britische 105-mm-Zugrohrkanone L7, von deren Existenz die Sowjets ebenfalls wussten. Einfach ausgedrückt mussten die Schutzeigenschaften des neuen Panzers diesen neuen Bedrohungen etwas entgegensetzen.
Objekt 430
Trotz dieser erheblichen Herausforderungen haben die Ingenieure aus Charkow die Aufgabe mit Bravour gemeistert. Sie entwickelten einen relativ leichten, kompakten Panzer mit modernster Panzerung.
Objekt 432 wog 35 Tonnen und besaß eine Drei-Mann-Besatzung (Kommandant, Richtschütze und Fahrer). Es gab keinen Ladeschützen, weil die Kanone automatisch geladen wurde, worauf wir jedoch gleich eingehen werden. Lasst uns zuerst einen Blick auf die Schutzwerte des Fahrzeugs werfen.
Wie bereits erwähnt, wurde der vordere Teil der Wanne und des Turms durch Verbundpanzerung geschützt, die aus mehreren Schichten unterschiedlicher Materialien bestand. Diese wurden kombiniert, um möglichst viel Schutz zu bieten und gleichzeitig das Gewicht des Fahrzeugs niedrig zu halten, das aus diesem Grund als mittlerer Panzer und nicht als Kamfpanzer qualifiziert wurde.
Wie bei allen sowjetischen Panzern jener Zeit war die Panzerung der oberen Frontalplatte mit 22 Grad sehr gut angewinkelt und bestand aus folgenden Schichten:
- 80 mm Stahl
- 105 mm Textolit
- 20 mm Stahl
Auch die Turmfront bestand aus Verbundpanzerung mit Aluminiumlegierung:
- 120 mm Stahl
- 300 mm Aluminiumlegierung
- 190 mm Stahl
Aluminiumlegierung uns Stahl waren nicht gleichmäßig verteilt, sondern konzentrierten sich auf den vorderen Teil des Fahrzeugs, was zu exzellenten Schutzwerten führte. Laut sowjetischen Angaben war das Fahrzeug frontal allen 105-mm-Zugrohrkanonengeschossen der NATO überlegen, insbesondere bei 20 Grad zu jeder Seite der Fahrzeugachse.
Um das Gewicht des Fahrzeugs jedoch möglichst niedrig zu halten, war das Fahrzeug an anderer Stelle nicht sonderlich gut geschützt. Nur der vordere Teil verfügte über Verbundpanzerung (insbesondere die obere Frontalplatte und der Turm) – der Rest war wie folgt gepanzert:
- Untere Frontalplatte Wanne: 80 mm Stahl
- Seiten der Wanne: 80 mm (56 mm über den Laufrollen)
- Wannenheck: 50 mm
- Oberseite Wanne: 16 mm
- Unterseite Wanne: 20 mm
- Turmheck und Hinterseiten: 65 mm
- Turmdach: 45 mm
Wenn man den Panzer jedoch im Vergleich zu seinen potenziellen Gegnern im Jahre 1964 betrachtet und sich bewusst macht, dass die Centurions und M48/M60 bei Weitem nicht so gut geschützt waren und seiner Feuerkraft nichts entgegenzusetzen hatten (wie die Israelis während des Jom-Kippur-Kriegs schmerzlich erfahren mussten), dann stellte das Fehrzeug einen großen Sprung nach vorn dar.
Der T-62 verwendete dasselbe Kaliber, wie der Objekt 432 (115 mm Glattrohr), allerdings unter Einsatz eines anderen Geschützes – die Kanone des T-62 hieß 2A20 (bzw. U-5TS Molot), während der Objekt 432 das daraus entwickelte Modell 2A21 (bzw. D-68) verwendete. Weitere Informationen zur Entwicklung des 115-mm-Kalibers findet ihr in unserem Artikel zum Thema. Die 2A20 ist eine sehr effektive Waffe gewesen, deren Geschosse israelische Panzertürme regelrecht durchlöcherten.
Das Geschütz war mit dem Stabilisierungssystem 2E18 Siren ausgestattet und der Richtschütze verwendete ein System aus TPD-43-Visier und Entfernungsmesser (TPN-1-Visier für Nachteinsätze). Der maximale Höhenrichtwert betrug +14 bzw. -6 Grad. Wie bereits erwähnt wurde das Geschütz mithilfe eines elektro-hydraulischen Systems automatisch geladen. Auch dieser Mechanismus stellte seinerzeit eine Neuerung dar.
Der größte Unterschied zwischen den Geschützmodellen 2A20 und 2A21 bestand in der Verwendung von zweiteligen Geschossen beim Objekt 432, was eine Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren des automatischen Lademechanik darstellte.
Entgegen der weitläufigen Meinung funktionierte die Ladeautomatik der T-64-Serie anders, als beim T-72.
Die Geschosse bestanden aus zwei Teilen (das Geschoss selbst und die Sprengladung), die in einem Karussellmagazin unter dem Geschützturm gelagert wurden. In einem T-72 befand sich die Sprengladung horizontal über dem Geschoss, wobei die Ladeautomatik zuerst das Geschoss und dann die Sprengladung in den Lauf hineinschob. Auch in einem T-64 wurden die Sprengladungen über den Geschossen gelagert, dort allerdings vertikal und der Lademechanismus schob beide Komponenten gleichzeitig in den Lauf, wie auf dem Bild unten zu sehen ist.
Diese Lösung war im Grunde eine Reaktion auf die Größe der 115-mm-Geschosse und die Feuerrate des T-62, die 4 bis 5 Schuss pro Minute betrug (diese war um einiges niedriger, sobald sich der Panzer bewegte oderder Schütze unfähig war etc.). Das automatisierte System mit den zweiteiligen Geschossen erhöhte die Kadenz auf 8 bis 9 Schuss pro Minute. Der Panzer führte insgesamt 40 Projektile mit sich, von denen sich 30 im Autolader befanden.
Folgende Geschosse kamen beim T-64 zum Einsatz:
- Unterkalibergeschoss 3VBM1 (durchschlug 250 mm RHAe auf 1000 m und 0 GRad oder 135 mm bei 60 Grad)
- HEAT-Geschoss 3VBK4 (durchschlug 450 mm RHAe auf jede Distanz für die modernisierte 3BK8M-Munition)
- HE-Geschoss 3VOF18
Das Unterkalibergeschoss konnte präzise auf 4000 Meter abgeschossen werden, die beiden anderen auf 3300 Meter.
Objekt 432 wurde von einem durchaus interessanten Motorenmodell angetrieben – dem 13,5 Liter 5-Zylinder Zweitaktmotor 5TDF mit 700 PS und einem mechanischen Planetengetriebe mit 5 Vorwärtsgängen und 1 Rückwärtsgang, der den Panzer auf bis zu 65 km/h brachte (auch wenn die Durchschnittsgeschwindigkeit 30 bis 40km/h betrug).
Der Motor war aufgrund seiner ungewöhnlichen Konstruktion zwar extrem leicht und kompakt (das Gewicht betrug kaum mehr als eine Tonne), dafür aber relativ unzuverlässig, im Winter schwer zu starten und produzierte viel Wärme, was den Panzer für Infrarotsensoren extrem sichtbar machte. Der Panzer war das Aushängeschild der Charkower T-64-Serie, andere sowjetische Panzer verwendeten eher konventionelle Motoren.
Das Fahrzeug verwendete eine individuelle Torsionsstabaufhängung und kann aufgrund der charakteristischen kleinen Laufrollen auf den ersten Blick von der T-72-Serie unterschieden werden. Interessanterweise ragten die Laufrollen nicht aus dem Gleiskettensystem heraus, wie das für Konstruktionen mit Torsionsstäben typisch war, weil die Torsionsstäbe nicht die gesamte Breite des Fahrzeugs einnahmen, sondern nur bis zur Hälfte reichten.
T-64
Die Schutzmaßnahmen des Fahrzeugs umfassten:
- ABC-Schutzsystem
- Automatischer Feuerlöscher
- Rauchgenerator (durch Einspritzung von Treibstoff in die Auspuffanlage)
Wie sich an der großen Zahl der innovativen Komponenten erkennen lässt, war das Fahrzeug in der Tat sehr fortschrittlich, aber auch dementsprechend teuer.
Insgesamt wurden bis Dezember 1962 drei Prototypen gebaut und bis März 1963 eingehend getestet. Die Tests verliefen durchaus erfolgreich und die Malyschew-Werke erhielten den Auftrag für die Vorbereitung einer Massenproduktion. Die ersten serienmäßig produzierten Fahrzeuge entstanden zwischen November 1963 und Juli 1964. Der Panzer wurde am 30. Dezember 1966 unter der Bezeichnung T-64 offiziell in den Dienst gestellt.
Was die Produktionszahlen betrifft, so ist eine endgültige Aussage schwierig, weil unterschiedliche Quellen recht unterschiedliche Angaben machen. Die Produktion lief aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen 1963 und 1967 bzw. 1968. Auch die Zahl der gebauten Panzer variiert je nach Quelle zwischen 1200 und 2000 Exemplaren.
Im Verlauf des Produktionslaufs wurde der Panzer laufend modernisiert, wobei die anfänglichen Mänge und Probleme behoben wurden. Im Jahr 1965 erhielt er beispielsweise die für sowjetische Fahrzeuge typischen, seitlichen HEAT-Schilde, die im Kampf ausgefahren wurden, auch wenn das nur wenig in der Praxis geübt wurde, weil die Schilde oft an Hindernissen steckenblieben oder kaputtgingen, weshalb nur relativ wenige Bilder mit ausgefahrenen Schilden existieren. Diese Schilde sollten die Aufhängung des Fahrzeugs schützen.
Der T-64 nahm zu keinem Zeitpunkt an Kampfhandlungen teil, beteiligte sich nur an einigen großangelegten Militärübungen ("Dnjepr 1973") und wurde nicht exportiert.
T-64
Zwischen 1977 und 1980 wurde ein Teil der Fahrzeuge modernisiert und auf den T-64A-Standard gebracht (nach 1965 gebaute Modelle), was sich jedoch nicht auf das Geschütz bezog, auch wenn einige Quellen das Gegenteil behaupten. Diese überholten T-64 wurden als Objekt 432R bzw. T-64R bezeichnet. Die älteren Modelle wurden ausgemustert und verschrottet. Der T-64R blieb bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion im Einsatz und gelangte später wahrscheinlich in die Ukraine. Wie viele dieser Panzer noch unterwegs sind, ist nicht bekannt.
Die Bedeutung dieses Panzers für die sowjetische Kriegsmaschine ist jedoch kaum zu unterschätzen. Ungeachtet aller Schwächen war es zum Zeitpunkt seiner Einführung ein überaus modernes Fahrzeug, von dem nur deswegen so wenige Exemplare produziert wurden, weil es relativ kostspielig in der Herstellung war. Es sollte explizit an strategisch wichtigen Stellen zum Einsatz kommen und die schwerfälligen alten Panzer der sowjetischen Eliteeinheiten ersetzen. Im Falle eines bewaffneten Konflikts in Europa würden die NATO-Truppen mit eben diesen Kampfmaschinen konfrontiert werden.
Beim nächsten Mal werfen wir einen Blick auf seinen bekannten Nachfolger, den T-64A.
Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld!