Eintrag 12 – Fergusons Geheimnisse
Der nächste Tag erwies sich als genauso interessant, wie Ferguson es versprochen hatte. Am Morgen kam ein Militärjeep ins Lager, um mich und Espinoza abzuholen. Nicht ohne Schadenfreude stellte ich fest, dass es derselbe Fahrer war, der mich auch hierher gefahren hatte. Jemand in der oberen Nahrungskette musste ihn wirklich hassen, schmunzelte ich leise, und tatsächlich, der Fahrer winkte uns einfach heran, und die ganze Fahrt verlief genauso schweigend, wie die erste.
Die wirkliche Überraschung erwartete uns auf dem Stützpunkt der Air Force. Anders als beim letzten Mal war der Ort überfüllt mit Kampf- und Schützenpanzern, Truppentransportern, gepanzerten Fahrzeugen – von einigen hatte ich noch nicht einmal gehört – die allesamt in Reih und Glied um die Startbahn herumstanden, bereit für die Inspektion. Schwärme von US-Soldaten wuselten um sie herum, einige säuberten sie, andere betankten und bewaffneten sie und wieder andere gafften einfach nur oder fachsimpelten. Eine kleine Menschenmenge schmetterte Musik aus einem Wartungsschuppen, und die ganze Szene fühlte sich an wie ein riesiges Volksfest.
Sogar Espinoza war nicht wie gewohnt sarkastisch und starrte nur ungläubig auf den Trubel.
„Und nun?“, warf ich in den Raum, „Was zum Teufel sollen wir hier tun?“
Die Antwort erhielt ich einige Sekunden später, als unser Auto vor einem ungewöhnlichen Paar hielt – einem Oberst (ich unterdrückte meinen Drang zu salutieren) und einer jungen, schlanken schwarzen Frau, die ich bereits kannte.
„Na, machst du dir endlich die Hände schmutzig, Ferguson?“, bemerkte Espinoza spöttisch.
Die Frau antwortete mit einem Lächeln.
„Gail. Schön dich zu sehen. Schon wieder.“
Sie nickte dem Oberst zu, der nur den Kopf schüttelte und wegging. Ihr Gesicht wurde jetzt ernst.
„Wie ich schon sagte, ist niemand besonders glücklich darüber, dass wir hier sind, also benehmt euch, ihr zwei."
Ich nickte einfach. Obwohl ich Espinozas Reaktion nicht sehen konnte, schien Ferguson zufrieden.
„Wie ihr seht, ist es Mister Murdoch gelungen, an vielen Fäden zu ziehen, um das alles zu ermöglichen. Einfach ausgedrückt, haben wir jetzt begrenzten Zugang zu Amerikas Bestand an so ziemlich jedem Fahrzeug, dem man irgendwo auf der Welt begegnen könnte. Die Army sorgt für eine gute Ausstattung ihrer Schulungseinrichtungen, und wir können jetzt davon profitieren."
„Na, jedenfalls“, schloss sie, „schaut euch um, sucht euch ein paar Fahrzeuge aus, die euch interessieren, und wir arrangieren eine vorübergehende Leihgabe des Militärs. Aber übertreibt es nicht. Selbst Perihelions verfügt nicht über grenzenlose Mittel.“
Sie nickte uns beiden zu und trat an den unweit von uns wartenden Oberst, dessen Gesichtsausdruck immer noch so mürrisch war wie zuvor und dessen Haltung Ungeduld verriet. Es war deutlich zu sehen, dass er nicht dort sein wollte, aber keine andere Wahl hatte. Es war in der Tat etwas Besonderes, einen amerikanischen Oberst in eine solche Situation zu bringen, und konnte entgegen Fergusons Behauptung, nur begrenzte Mittel zur Verfügung zu haben, nur mit einer enormen Menge an Einfluss, Geld oder beidem erreicht werden.
Espinoza zuckte nur mit den Schultern und begann, sich ihren Weg durch die Menge der neugierigen Soldaten zu bahnen. Mit unserem Wochenendkrieger-Outfit fielen wir zwar nicht allzu sehr auf, konnten uns aber auch nicht unbemerkt unter die Menge mischen, was uns hin und wieder einen bösen Blick von einem GI Joe einbrachte. Espinoza schien das jedoch nicht weiter zu stören, denn schon bald sprang sie wie ein unbeaufsichtigtes Kind im Süßwarenladen von einem Fahrzeug zum anderen. Ich weiß nicht, warum, aber es hob meine Stimmung, sie so heiter erregt zu sehen.
In der Zwischenzeit waren Ferguson und der Oberst an einem in Perihelion-Farben gestrichenen Lastwagen angekommen, wo mehrere Soldaten damit beschäftigt waren, große Kisten mit irgendwelchen High-End-Geräten zu entladen und zu dem Eingang eines, wie ich annahm, unterirdischen Lagers zu bringen.
Ich schüttelte wieder einmal meinen Kopf. Politik, dachte ich. Murdoch schmuggelte wahrscheinlich irgendeinen Scheiß südlich der Grenze, etwas, von dem er nicht wollte, dass ich es erfuhr, und wir waren als Schutz hier, falls jemand etwas Dummes versuchen sollte. Was für eine Schutztruppe wir doch abgaben, dachte ich, die sich um Lackierungen und Ausrüstung zankten. Ich musste schmunzeln und folgte Espinoza ins Getümmel.