Von den fünf Fahrzeugklassen bei Armored Warfare verfügt die Klasse der Selbstfahrlafetten über die wenigsten Fahrzeuge und hat mit den Änderungen beim Balanceupgrade 2.0 einiges von ihrer früheren Bedeutung verloren, was jedoch nicht heißt, dass sie weniger wichtig für das Spiel wäre, als die anderen Klassen.
Wie der Name schon andeutet, handelt es sich bei Selbstfahrlafetten (im weiteren SFL genannt) um Haubitzen, die auf fahrenden Ketten- oder Radplattformen angebracht werden. Was in dem Namen jedoch nicht anklingt, ist der Aspekt der Panzerung, der in der Tat erst im Nachhinein hinzugekommen ist.
Von den bei Armored Warfare vertretenen Klassen besitzen die Selbstfahrlafetten die tiefsten Wurzeln in der Geschichte der Panzerfahrzeuge. Die Idee, ein Geschütz auf ein Fahrgestell mit Motor zu montieren, ist so alt wie der Autobau selbst und die ersten derartigen Konstruktionen (die meist aus zivilen Fahrzeugen bestanden, auf die Geschütze angeschraubt wurden) tauchten bereits vor dem Ersten Weltkrieg auf. Allerdings wurde diese Art von Fahrzeug erst im "Großen Krieg" auf den Schlachtfeldern Europas eingesetzt und auch wenn der Großteil der Artillerie damals aus Geschützen bestand, die von Pferden gezogen wurden, erkannten die Militärs recht schnell das Potenzial der autonom fahrenden Geschütze.
Nach dem Ersten Weltkrieg geriet die Entwicklung von Selbstfahrlafetten ins Stocken und nahm erst im Zweiten Weltkrieg wieder Fahrt auf, als die Relevanz von Selbstfahrlafetten für die neue, hochgradig mobile Art der Kriegsführung und ihre Funktion als Feuerunterstützung nicht mehr von der Hand zu weisen war. Und während die Taktik im Ersten Weltkriegs überwiegend darin bestand, hunderte von massiven Geschützen an strategisch wichtigen Linien zu platzieren, preschte die Wehrmacht jetzt durch Europa in einem nie zuvor gekannten Tempo vor.
Diese Entwicklung stellte die Artillerieeinheiten auf beiden Seiten vor zahlreiche essenzielle Herausforderungen, deren Analyse den Rahmen dieses Artikels sprengen würde, die im Wesentlichen aber darin bestanden, wie die moderne mobile Infanterie mit einer ebenso mobilen, wirkungsvollen und möglichst präzisen Feuerunterstützung versorgt werden konnte. Das bedeutete für die Artillerie nicht nur höchste Mobilität (also eine selbstfahrende Ketten- oder Radplattform), sondern auch einen adäquaten Schutz. Präzise Feuerunterstützung konnte nur in der Nähe der Frontlinien gewährleistet werden, was wiederum bedeutete, dass die Fahrzeuge dem gegnerischen Feuer ausgeliefert sein würden.
Oft wurden solche Feuerunterstützungsfahrzeuge auch für die direkte Feuerunterstützung eingesetzt, wobei man statt auf den hohen ballistischen Bogen der Artillerie, bei dem der Gegner von oben angegriffen wurde, auf eine direkte Sichtlinie setzte, die höhere Präzision gewährleistete. Dieses wiederum verlangte nach einem stark erhöhten Panzerungsschutz, weil feindlicher Beschuss bei direkter Feuerunterstützung keine Option, sondern unumgänglich war.
Die beiden größten Kontrahenten bei diesem Unterfangen waren das Deutsche Reich und die Sowjetunion. Die Deutschen waren seit Beginn des Krieges im Besitz selbstfahrender Artillerie in Form der Sturmgeschütz-Fahrzeugserie. Bei dem StuG III, das getrost als das beste deutsche Panzerfahrzeug des Zweiten Weltkriegs im Hinblick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis angesehen werden kann, handelte es sich um die modifizierte Wanne eines mittleren Panzers (Panzer III) mit aufgesetzter Kasematte, die eine frontal feuernde 75-mm-Kanone mit einem eingeschränkten Schwenkbereich beherbergte (zunächst mit kurzem Lauf, genannt "Stummel", später mit längerem Geschützrohr). Das Geschütz konnte im Gegensatz zu den Kanonen gewöhnlicher Panzer in stärkerem Maße angehoben werden, was dem Fahrzeug sowohl direktes, als auch indirektes Feuer ermöglichte.
Dank seiner spezifischen Konstruktion war das StuG in der Lage, eine im Vergleich zur ursprünglichen Panzerausführung größere Kanone zu wuchten und konnte sowohl als Artilleriefahrzeug, als auch in der Funktion eines Jagdpanzers eingesetzt werden. Der eingeschränkte Schwenkbereich der Kanone bildete zwar einen Nachteil, der bei richtiger Handhabung jedoch keine weitreichenden Konsequenzen hatte, etwa weil der Feind bis dahin mithilfe des exzellenten Höhenrichtbereichs aus der Ferne eliminiert wurde. Das Konzept verlangte nach einer halbwegs dicken Frontalpanzerung, während das restliche Fahrzeug eher dünn gepanzert war, was das Gewicht in Grenzen hielt und das Fahrzeug überaus mobil machte.
Andere deutsche selbstfahrende Artilleriefahrzeuge, wie etwa die Wespe, verfügten über einen schwenkbaren Turm, der die Ziele schnell ins Visier nehmen konnte, ohne die Wanne zu bewegen, während beim Modell Hummel ein mächtigeres Geschütz zum Einsatz kam. Alles in allem war das Konzept sehr erfolgreich und beeinflusste viele Jahrzehnte lang die Entwicklung selbstfahrender Artillerie – und tut es bis heute.
Das sowjetische Gegenstück zu den StuGs war die SU-Serie (SU = Samochodnaja Ustanowka = Selbstfahrlafette). Die sowjetischen Ingenieure verfolgten im Großen und Ganzen zwar den gleichen Ansatz, es gab jedoch einige spezifische Unterschiede. Generell gesagt waren sowjetische Selbstfahrlafetten besser gepanzert und um einiges schwerer, wobei die Modelle SU-152 und ISU-152 den Höhepunkt der Selbstfahrlafettentechnik im Zweiten Weltkrieg bildeten (und damit Monster vom Kaliber eines Sturmtigers in den Schatten stellten, die nur in begrenzter Zahl existierten und so gut wie keinen Einfluss auf den Krieg hatten). Ihre dicke Panzerung und die massiven 152-mm-Kanonen brachten ihnen den Spitznamen "Zweroboj" (Bestientöter) ein, weil ihre riesigen Geschosse selbst mit den Tiger-Schwerpanzern kurzen Prozess machten.
Auch die Amerikaner traten schließlich dem Rennen um das beste selbstfahrende Artilleriefahrzeug bei, verfolgten dabei jedoch einen anderen Ansatz. Man ging davon aus, dass die Infanterie die Artillerie unterstützte, nicht umgekehrt. Amerikanische Selbstfahrlafetten eigneten sich eher für indirektes Feuer und waren relativ anfälliger für feindliches Feuer. Als typisches Beispiel sei die Panzerhaubitze M7 Priest genannt, die nicht nur dünn gepanzert war, sondern auch nach oben hin offen, was sie extrem anfällig für Mörserangriffe machte. Diese Konstruktion wurde allerdings nicht als nachteilig angesehen, weil die Fahrzeuge niemals absichtlich direktem Feuer ausgesetzt oder im Häuserkampf eingesetzt wurden. Andere (spätere) schwere amerikanische SFL besaßen gar keinen Schutz (nicht einmal rudimentäre Geschützschilde) und es dauerte ein weiteres Jahrzehnt, bis dieser essenzielle Nachteil behoben wurde. Was die Briten anbelangt, so wurden deren kuriose Modelle aus der Zeit des Kriegsbeginns (wie etwa die Nahunterstützungspanzer, die nur Nebelmittel verschossen) schrittweise durch Selbstfahrlafetten in unterschiedlicher Qualität ersetzt, bis am Ende etwas herauskam, was den amerikanischen Modellen entsprach, wobei das 105-mm-Kaliber der Amerikaner durch die britische 25-Pfund-Kanone ersetzt wurde.
Nach dem Krieg wurde die Zukunft der Selbstfahrlafetten im Gegensatz zu der anderer Klassen zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt. Sämtliche Militärmächte der Welt erkannten, dass die Zeit der gezogenen Artillerie vorbei war und die Entwicklung lief grob in ein und dieselbe Richtung hin zu relativ leichten selbstfahrenden Plattformen mit drehbaren Türmen und zwei Kalibern – einem kleinen und einem großen, beginnend mit den 1970er-Jahren nur noch mit einem Kaliber.
Für die Amerikaner bedeutete kleines Kaliber 105 mm und großes Kaliber 155 mm. Am Ende des Vietnamkriegs wurde das kleine Kaliber zugunsten einer einheitlichen Lösung für alle zukünftigen amerikanischen SFL aufgegeben, die fortan nur noch mit 155-mm-Kanonen ausgestattet werden sollten. Zu den Vertretern der amerikanischen Selbstfahrlafetten gehören hauptsächlich:
- M108 (105 mm)
- M109 (155 mm)
- M109A6 Paladin (155 mm)
Die Russen verfolgten mit den Selbstfahrlafetten Gwosdika (122 mm) und Akatsiya (152 mm) eine ähnliche Entwicklung, die den Weg für moderne russische 152-mm-Kanonen ebneten (Koalitsija). Was Deutschland, Großbritannien und Frankreich anbelangt, so bestanden deren Fahrzeugflotten meist aus amerikanischen Modellen. Die nach und nach entwickelten einheimischen Projekte (wie die deutsche Panzerhaubitze 2000) wiesen untereinander große Ähnlichkeit auf, verwendeten dieselbe standardmäßige 155-mm-NATO-Munition und bestachen durch höchste Präzision.
Die Entwicklung selbstfahrender Artillerie wird natürlich bis heute fortgesetzt. Und während man bei lokalen bewaffneten Konflikten wieder verstärkt auf Artillerie setzt, die auf kaum oder gar nicht gepanzerten Fahrzeugen montiert wird, werden die großen Militärmächte auch in absehbarer Zukunft die Entwicklung gepanzerter Selbstfahrlafetten vorantreiben.
Klassifizierung und Rolle auf dem Schlachtfeld bei Armored Warfare
Bei Armored Warfare bilden die Selbstfahrlafetten die einzige Klasse, die auf einen Modus beschränkt ist. Sie können nur in PvE-Modus eingesetzt werden. Sie besitzen die folgenden Eigenschaften:
- Fähigkeit zum indirekten Feuer
- Größte Kanonen im Spiel (üblicherweise 152 mm oder 155 mm auf hohen Tiers)
- Geringste Menge an Panzerung im Spiel
- Geringste Mobilität im Spiel
Die Fähigkeit zum indirekten Feuer ist für diese Klasse charakteristisch und macht sie einzigartig. Durch Drücken der Umschalttaste kann ein SFL-Pilot zu einer "Satellitenperspektive" wechseln, mit der er praktisch jeden Gegner auf der Karte anvisieren kann. Da die SFL ihre Projektile in einem sehr hohen Winkel abfeuern, können sie viele Hindernisse überwinden und ihre Ziele von oben angreifen. Auch wenn sich das erst einmal nach einem großen Vorteil gegenüber den anderen Klassen anhört, wird er durch eine Reihe von Beschränkungen relativiert, die der SFL-Klasse eigen sind.
Zum einen ist indirektes Feuer nur selten präzise. Selbstfahrlafetten beschädigen ihre Ziele oft durch die bei der Explosion ihrer Projektile entstehenden Schockwellen und Granatsplitter (von den Spielern oft "Splash" genannt). Die meisten Artilleriefahrzeuge können nur HE-Geschosse verschießen. Selbst bei den schwersten Fahrzeugen ist die obere Panzerung sehr dünn, weshalb auch HE-Geschosse bei Volltreffern enormen Schaden anrichten können, auch wenn direkte Treffer sehr selten sind. Ein anderer Faktor ist die lange Distanz. HE-Geschosse sind üblicherweise ziemlich langsam und je weiter das Fahrzeug von der Frontlinie entfernt ist, desto länger muss das Geschoss fliegen, um ans Ziel zu gelangen. Schnelle und bewegliche Ziele kommen deshalb nicht in Frage, weshalb man gut damit fährt, langsame Ziele anzuvisieren, wie beispielsweise KPz.
Der ballistische Bogen der Geschosse ist zwar steiler, als der von direkt schießenden Geschützen, doch die meisten hohen Felsen und Gebäude machen ihren Einsatz unmöglich, weshalb sich Selbstfahrlafetten nicht für den Kampf in bebauten Gebieten eignen.
Und schließlich wird die Fähigkeit zum indirekten Feuer der Selbstfahrlafetten bei Armored Warfare durch deren hohe Anfälligkeit für Angriffe auf kurze Distanz ausgeglichen. Sie sind schwerfällig und besitzen sehr dünne Panzerung, was den Nahkampf in ihnen zu einer selbstmörderischen Taktik macht. Auf kurze oder mittlere Distanz kann eine SFL von jedem anderen Fahrzeug auf dem Schlachtfeld ausmanövriert werden und muss sich unter allen Umständen auf ihre Reichweite verlassen, um zu überleben.
Momentan gibt es im Spiel eine einzige SFL-Linie, die aus einer Mischung von Fahrzeugen aus vielen Ländern besteht. Dank ihrer geringen Anzahl sind sie allesamt ziemlich einzigartig, auch wenn man grob zwei Arten von Selbstfahrlafetten unterscheiden kann:
- Schnellfeuernde SFL
- Präzise SFL
Schnellfeuernde SFL feuern ihre Geschosse schneller ab, als gewöhnliche Selbstfahrlafetten, sind dabei allerdings weniger präzise. Sie können in Salven schießen und verfügen über ein Magazinsystem, das einigen Maschinenkanonen im Spiel ähnelt, bei dem mehrere Schüsse (üblicherweise drei) in schneller Reihenfolge abgegeben werden können, woraufhin eine längere Nachladezeit des Magazins folgt. Dazu gehören:
- 2S3 Akatsiya
- Panzerhaubitze 2000
- PLZ-05 (optionale Kanone)
Die präzisen Selbstfahrlafetten besitzen eine längere Nachladezeit, die dafür konstant ist und für präzisere Schüsse sorgt, als die schnellfeuernden Modelle. Dazu gehören:
- M108
- 2S1 Gvosdika
- M109
- Palmaria
- M109A6 Paladin
- Centauro 155
Das letztgenannte Fahrzeug ist selbst für die SFL einzigartig, weil es sich dabei um eine Radplattform handelt. Das macht das Fahrzeug im Vergleich zu anderen SFL extrem schnell, auch wenn es immer noch ziemlich verwundbar ist.
Die SFL bei Armored Warfare sind bestens für Spieler geeignet, die eher entspannendes PvE-Gameplay bevorzugen. Die Jagd nach computergesteuerten Fahrzeugen bereitet jedem Spaß, der nicht auf kompetitives Hardcore-Spiel aus ist, sondern es eher gemütlich hat. Gute Ergebnisse auf hohen Tiers zu erzielen, kann in einer SFL zu einer echten Herausforderung werden, wenn ihr aber darauf aus seid, 5 bis 7 Minuten damit zu verbringen, eure Teamkollegen zu unterstützen und ab und zu eine Angriffswelle in Schach zu halten, um sich die Dankbarkeit eurer Kameraden zu sichern, dann sind die Selbstfahrlafetten für euch genau die richtige Klasse.